Fußball – Fetischist

= Was ist denn in die FAZ gefahren ? Bisher war sie neben dem Kicker die einzige Zeitung, die sachlich, konstruktiv und manchmal mit Begeisterung über Fußball berichtete. Christian Eichler und Roland Zorn gehören zu den besten Fußball-Journalisten der Welt. Bei Roland Zorn heißt es: „Hochachtung! Da waren nicht nur die Leipziger schwer beeindruckt: Die Leverkusener spielen in Unterzahl mutigen, schönen und erfolgreichen Fußball.“ Und bei Christian Eichler: „Das perfekte Glück. Stürmisch, variabel, selbstbewusst: Der BVB zeigt gegen Mönchengladbach ein kleines Meisterstück. So gut war noch nie ein Bundesliga-Zweiter.“ Nach der Corona-Krise schütten einige Kollegen von Zorn und Eichler ihre Dummheit und Arroganz über dem Fußball aus. Am 30. August veröffentlicht die FAZ a.S. einen ganzseitigen Artikel mit der Riesenschlagzeile:

„Der kranke Fußball. Ablösesummen ohne Realitätsbezug, absurde Gehälter und Fans, die schon vor dem Saisonstart den Meister kennen. Die Bundesliga ist zum Langweiler geworden. Wie wird sie wieder spannend“

(Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Verlogene Fußballwelt: Während in Funktionärskreisen die Korruption regiert, müssen die Spieler moralische Vorbilder sein.“ Und: „Der Sport ist ein verrottetes Geschäft. Und die Leute fangen an, sich von ihm abzuwenden.“)

Soll man sich auf solchen Wortmüll einlassen? Z.B. Ablösesummen: Wenn ein Scheich aus Arabien einem englischen Club 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt und wenn dieser Club für 100 Millionen Euro einen Spieler aus der Bundesliga kauft und wenn dieser Bundesligist für 60 Millionen Euro drei Spieler aus der 3. und 4. Liga kauft – dann hat der Scheich vier deutsche Vereine saniert. Und Vereine wie Dortmund und Bayern sind wirtschaftlich erfolgreich, nicht obwohl sondern weil sie auch hohe Ablösesummen zahlen, die sie dann mit den Einnahmen aus Fernsehgeldern und Champions-League mehr als wieder hereinholen. Alle Clubs der Welt träumen davon, Spieler für viel Geld verkaufen zu können. Man sollte den Scheichs und den Milliardären aus Russland dankbar sein.

Außer den Bayern-Fans interessiert es keine Sau, daß Bayern wieder Meister wird. Mich interessiert immer, ob Dortmund in die Champions-League kommt und daß Augsburg in der 1. Liga und Heidenheim in der 2. Liga bleibt und daß Münster wieder in die 3. Liga aufsteigt usw. Die Bundesliga als Langweiler ? Es gibt in Deutschland Millionen Menschen, die den Start der Ligen sehnsüchtig herbeisehnen und für die der Fußball neben der Familie der wichtigste Lebensinhalt ist.

Wie soll ich ohne Fußball meine Zeit verbringen, wenn mir diese Krimis im Fernsehen zum Hals raushängen und wenn ich nie in die Oper gehe. Typen wie ich brauchen Fußball wie die Luft zum Atmen.

Und ich werde es immer wiederholen: Fußball ist die wichigste gesellschaftspolitische und soziale Institution der Welt.

Und es wird Fußball immer noch geben, wenn die letzte gedruckte Zeitung schon lange eingegangen ist.

Lassen wir zum Schluß den ehemaligen Fußballprofi Rolf Eisenfuß Bollmann zu Wort kommen: „Wenn die Leser wüssten, welche zum Teil widerlichen Figuren im Journalismus rumturnen und was für Taugenichtse Artikel schreiben, dann kämen bei ihnen einige Fragezeichen auf. Selbst haben sie ihr Leben nicht im Griff, noch nie irgendwann, irgendwo für irgendetwas Verantwortung übernommen und erlauben sich mit primitiven Artikeln über Menschen zu urteilen, die sie nicht kennen und mit denen sie nie gesprochen haben.“

= Der Philosoph Rüdiger Safranski: „So etwas hätte man sich im 19. Jahrhundert gar nicht vorstellen können. Überall auf der Welt richten Milliarden Menschen ihren ekstatischen Blick auf einen Ball und sehnen den Schuss ins Tor herbei. Leidenschaftliche Entzückung in völlig synchronem Ablauf durch alle Zeitzonen.“