Erich Kästner: Sachliche Romanze
Als sie einander acht Jahre kannten (und man darf sagen: sie kannten sich gut), kam ihre Liebe plötzlich abhanden. Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.
Sie waren traurig, betrugen sich heiter, versuchten Küsse, als ob nichts sei, und sahen sich an und wussten nicht weiter. Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.
Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken. Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken. Nebenan übte ein Mensch Klavier.
Sie gingen ins kleinste Café am Ort und rührten in ihren Tassen. Am Abend saßen sie immer noch dort. Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort und konnten es einfach nicht fassen.
Mascha Kaléko: Chanson am Montag
Montag hat die Welt noch kein Gesicht, und kein Mensch kann ihr ins Auge sehen. Montag heißt: Schon wieder früh aufstehen, Training für das Wochen-Schwergewicht.
Montags gähnt sogar das Portemonnaie, und es reicht noch grad für die Kantine. Spät nach Ladenschluss geht man mit Duldermiene resigniert vorbei am Stammcafé.
Mascha Kaléko: Das Ende vom Lied
Ich säh dich gern noch einmal wie vor Jahren zum erstenmal. Jetzt kann ich es nicht mehr. Ich säh dich gern noch einmal wie vorher, als wir uns herrlich fremd und sonst nichts waren.
Ich hört dich gern noch einmal wieder fragen, wie jung ich sei, was ich des Abends tu. Und später dann im kaum gebornen Du mir jene tausend Worte Liebe sagen.
Ich würde mich so gerne wieder sehnen, dich lange ansehn stumm und so verliebt. Und wieder weinen, wenn du mich betrübt, die viel zu oft geweinten dummen Tränen.
Das ist alles vorbei. Es ist zum Lachen! Bist du ein andrer, oder liegts an mir? Vielleicht kann keiner von uns zwein dafür. Man glaubt oft nicht, was ein paar Jahre machen.
Ich möchte wieder deine Briefe lesen, die Worte, die man liebend nur versteht. Jedoch mir scheint, heut ist es schon zu spät. Wie unbarmherzig ist das Wort: gewesen!