Gedichte

Clemens Brentano: Lieb und Leid im leichten Leben

Lieb und Leid im leichten Leben – Sich erheben, abwärts schweben – Alles will das Herz umfangen – Nur Verlangen, nie erlangen.

In dem Spiegel all ihr Bilder – blicket milder, blicket wilder – kann doch Jugend nichts versäumen – fort zu träumen, fort zu schäumen.

Frühling soll mit süßen Blicken mich entzücken und berücken – Sommer mich mit Frucht und Mirten, reich bewirten, froh umgürten.

Herbst du sollst mich Haushalt lehren, zu entbehren, zu begehren – und du Winter lehr mich sterben, mich verderben, Frühling erben.

Wasser fallen um zu springen, um zu klingen, um zu singen – Schweig ich stille, wie und wo? Trüb und froh, nur so, so!

Peter Hacks: Eine Fabel, die Relativität betreffend.

Eine rosarote Katze, eine himmelblaue Maus, treffen sich auf einem Platze und erkennen sich durchaus.

Hurtig will die Maus entweichen, doch alsbald erstaunt sie schier: Nie ist die Katze rosa, rosa aber ist dies Tier.

Ergo, es ist keine Katze, schließt sie und bleibt friedlich stehn; ohne Zweifel eine Dummheit – nun wir wollen weiter sehn.

Giftig schleicht die Katze näher, will sie sich mit Appetit einverleiben…….. und gewahrt ihr unerlaubtes Kolorit.

Und sie lässt die Maus entweichen in ihr Loch auf Grund des Blaus, denkend: es ist impossibel eine himmelblaue Maus.

Schwer gefährdet war die Maus durch eine falsche Konklusion, doch infolge einer fälschern kam sie unverletzt davon.

Nämlich ist trotz unsrer Dummheit unser Schicksal meist gelind, weil fast alle andern Leute noch erheblich dümmer sind.

Max Herrmann-Neiße: Dein Haar hat Lieder, die ich liebe

Dein Haar hat Lieder, die ich liebe, und sanfte Abende am Meer – O glückte mir die Welt! O bliebe mein Tag nicht stets unselig leer!

So kann ich nichts, als matt verlegen vertrösten oder wehe tun, und von den wundersamsten Wegen bleibt mir der Staub nur auf den Schuhn.

Und meine Träume sind wie Diebe, und meine Freuden frieren sehr – dein Haar hat Lieder, die ich liebe, und sanfte Abende am Meer.