Kurz & bündig

„Und ich musste die Ängste, meinen ermordeten Vater zu verraten, überwinden. Ich wollte kein Ödipus sein. Ich begriff, dass die Hoffnung auf die kommunistische Endlösung der sozialen Frage eine Illusion und Hybris ist, die zwingend in die Hölle der totalitären Diktatur führen muss.“

(Wolf Biermann)

 

Einwurf

Fußballpräsident wird Staatspräsident

Finnlands künftiges Staatsoberhaupt versuchte es nach seinem souveränen Wahlsieg mal mit einem Gefühlsausbruch. „Fantastisch, mir läuft es kalt den Rücken herunter“, rief der 63-Jährige in der Wahlnacht von Helsinki aus, als sein Stimmenanteil von fast zwei Dritteln (62,6 Prozent) klar war.

Trotzdem fiel der Jubel bei den Anhängern des mit 37,5 Prozent unterlegenen grünen Gegenkandidaten Pekka Haavisto lauter und begeisterter aus. Während Niinistö in allen Umfragen haushoch geführt hatte,
überraschte der Einzug Haavistos in die Stichwahl. Auch der Sieger zollte seinem homosexuellen Kontrahenten Respekt für eine „faire und pfiffige Kampagne“. Die Popularität des Juristen, ehemaligen Justiz- sowie Finanzministers, zeitweiligen Bankchefs und Parlamentspräsidenten Niinistö beruht auch darauf, dass er sich seit langem aus dem politischen Tagesgeschäft heraushält. Stattdessen übernahm er 2009 die Präsidentschaft in Finnlands Fußballverband.

Bleibende Sympathiewerte haben Niinistö nicht zuletzt familiäre Schicksalsschläge gebracht. 1995 starb seine Frau Marja-Leena bei einem Verkehrsunfall, Niinistö wurde alleinerziehender Vater zweier Söhne. 2004 überlebte er als ThailandUrlauber mit den Buben die Tsunami-Katastrophe nur knapp: Mit einem Sohn klammerte er sich an einen Straßenmast, der zweite konnte auf ein Hoteldach flüchten.

Sauli Niinistö (63) wurde am Sonntag zum neuen Präsidenten Finnlands gewählt. 2004 hatte er den Tsunami in Thailand überlebt.
 

Kurz & bündig

„Eine gute Religion muss nicht nur rational, sondern auch vernünftig sein.“

(Rafael Ferber)

 

Jewgenia Ginsburg – Gratwanderung

„Gratwanderung“ ist eines der bedeutendsten Zeugnisse der Menschheitsgeschichte unseres Jahrhunderts, ein Bericht über Humanität und Hoffnung selbst in den finstersten Zeiten, selbst an den schrecklichsten Orten.

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Kurz & bündig

„GmbH ? Nie gehört. Viele Schüler wissen nicht, wie die Wirtschaft funktioniert. Unternehmer und sogar Lehrer fordern deshalb ein eigenes Schulfach.“ (Fundstück)

Kommentar: Diese Forderung steht schon seit vielen Jahren im Raum; auch an den Journalisten-Schulen muss realitätsnaher Unterricht in Wirtschaft eingeführt werden. Noch besser wäre ein Jahr Praktikum in der freien Wirtschaft.

 

Experten-Stadl

Die S.Z. titelt am 11.Oktober 2014:

„In Japan geht die Sonne unter“

Wenn man schon die Sonne bemüht, so müsste man eher von Sonnenaufgang sprechen, da Japan sich langsam aber stetig aus seiner schweren Wirtschaftskrise befreit und Zuwächse erzielt.

 

Einwurf

Deutschland – Frankreich 8:7 n.V.

Klaus Fischer: »Wir haben von vornherein gewusst, dass es ein unglaublicher Kampf wird. Die Franzosen hatten eine hervorragende Mannschaft mit einem überragenden Mittelfeld: Platini, Tigana, Giresse…, das war Fußball vom Allerfeinsten. Wir wussten also, dass es ein schweres Spiel wird, und das hat sich in den 90 Minuten auch gezeigt. Es war ein spannendes und interessantes Spiel von der ersten bis zur letzten Minute, mit vielen Torszenen und Chancen. In der Verlängerung ging es ebenso hin und her, und als wir 1:3 hinten lagen, schien es ja nahezu aussichtslos. Aber wir hatten nie das Gefühl, das Spiel sei schon gelaufen. Zumal ja plötzlich Karl-Heinz Rummenigge, unser lange verletzter Kapitän, eingewechselt wurde und gleich das Tor machte. So etwas setzt immer Kräfte frei. Und dann muss man nur ein bischen Glück haben.“

„Wir kamen über außen, Flanke von Littbarski, Hrubesch schlägt den Ball eigentlich zu weit. Ich stand mit dem Rücken zum Tor und hatte keine andere Wahl. Ich traf den Ball perfekt. Ich werde noch heute sehr oft auf dieses Tor angesprochen. Ich habe eine Fußballschule, und die Eltern erzählen ihren Kindern: Der Klaus Fischer, der hat damals die Fallrückziehertore gemacht.“

Der Mann ohne Nerven: Klaus Fischer beim 3:3 gegen Frankreich, 1982

(11 Freunde)

 

 

Experten-Stadl

Am 14. Mai 2014 prankt auf der Titelseite von Focus-Money die Feststellung:

„In 10 Jahren ist IHR VERMÖGEN WEG“

„Die Wahrheit hinter den Kulissen der Schuldenkrise“

„Prominente Mitglieder der Regierungsparteien planen derzeit: Immobilienabgabe, Vermögensteuer, Enteignung.“

„Ein Insider packt aus!“

Diese Behauptungen von Focus-Money sind natürlich erstunken und erlogen.

 

Die Affen im Kübel

Liebe Leser, sind Sie der Meinung, daß Tierversuchsgegner auf Medikamente und Verfahren verzichten müssen, die mit Terversuchen entwickelt wurden?

Der traurige Fall des Hirnforschers Logothetis sollte endlich zum Umdenken der Tierversuchsgegner führen:

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Erfolg

Was wir als „Erfolg“ definieren, hängt maßgeblich von unserem Lebensalter ab –  und sollte gelegentlich angepasst und aktualisiert werden. Der Zyklus des Lebens ist ein Zirkelschluss: Erfolg ist mit einem Jahr, nicht in die Hose zu machen. Mit 25 Sex zu haben. Mit 50 viel Geld. Mit 75 noch Sex zu haben und mit 90 – nicht in die Hose zu machen.

 

Experten-Stadl

Malade zur Maloche

Unter dieser Überschrift behauptet ein sogenannter „Arbeitspsychologe“ in der S.Z., dass mehr Leute krank zur Arbeit gehen, als sich Menschen ohne Grund krank melden. Die Experten haben Arbeitnehmer befragt und dann diese Erkenntnisse gewonnen. Mit der gleichen Logik kann man Kunden im Supermarkt befragen, ob und wie oft sie schon mal geklaut haben. Der Herr Arbeitspsychologe ist natürlich Professor und bei der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

Bezahlt die auch der Steuerzahler?

 

Liga Theresienstadt

Das kleine Bild hat Oded Breda nicht mehr losgelassen. Siegesgewiss rennt darauf ein junger Mann in weißem Hemd und schwarzer Hose der Kamera entgegen. „Sein Gesicht hat mich regelrecht verfolgt“, erinnert sich der 58 Jahre alte Israeli. Anfang der sechziger Jahre hatten Verwandte die Aufnahme mitgebracht. Der knappe Text darunter verriet nur, dass das Foto in Theresienstadt entstand. Oded Breda wusste, dass die deutschen Besatzer seine Großeltern und seinen Onkel Pavel aus Brünn in das Konzentrationslager nordwestlich von Prag verschleppt hatten. Nur sein Vater konnte noch rechtzeitig nach Palästina entkommen.

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Ikarus

von Justinus Kerner

Mir träumt‘, ich flög‘ gar bange
Weit in die Welt hinaus,
Zu Straßburg durch alle Gassen
Bis vor Feinsliebchens Haus.

Feinsliebchen ist betrübet
Als ich so flieg und weint:
Wer dich so fliegen lehrte
Das ist der böse Feind.

Feinslieb, was hilft hier lügen
Da du doch alles weißt:
Wer mich so fliegen lehret,
Das ist der böse Geist.

Feinsliebchen weint und schreiet
Daß ich am Schrei erwacht
Da lieg ich, ach! in Augsburg
Gefangen auf der Wacht.

Und morgen muß ich hangen
Feinslieb mich nicht mehr ruft,
Wohl morgen als ein Vogel
Schwank ich in freier Luft.

 

Es wird besser

„Lebenserwartung steigt um zehn Jahre auf der Welt. In zehn Jahren sank die Anzahl der Todesfälle durch HIV/Aids um 42 Prozent und die Zahl der Todesfälle durch Malaria nahm um 43 Prozent ab.“

(FAZ)

 

Mamas Gene lügen nicht

Es tut sich Bemerkenswertes in der Forschung: Die Intelligenz der Mutter, so hat die Wissenschaft herausgefunden, wird an die Kinder vererbt, sie kommt nicht vom Vater: Schlaue Kinder, schlaue Mama. So sieht’s aus, all ihr Männer da draußen.

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Ego-Jubler bereiten mir Schmerzen

Dichter dran: Ronald Reng (FAZ 18.06.2014)

Mein Schwager erzählte mir, Cristiano Ronaldo habe ihm wehgetan. Es war vor gut einem Monat, Ronaldo hatte gerade ein Tor für Real Madrid im Champions-League-Halbfinale gegen Bayern München erzielt, aber das Tor war nicht das Problem. Der Anblick von Ronaldos Jubel schmerzte meinen Schwager zu Hause vor dem Fernseher körperlich.. Denn Ronaldo jubelte alleine, ganz verliebt in die eigene Tat. Dabei war die große Leistung an diesem Tor zum 0:3 in München nicht sein profaner Schuss gewesen, sondern die Vorarbeit von Gareth Bale, der den Ball über 30 Meter in irrsinnigem Tempo nach vorne trieb und dann noch die Übersicht besaß, auf Ronaldo abzuspielen. Wie kann er Bale in seinem Jubel ignorieren, dachte sich mein Schwager, und der Stich im Magen breitete sich im ganzen Körper aus.

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Es wird besser

„Unterschätzte Erfolge bei der Armutsbekämpfung. Nur 0,5 Prozent der Menschen wissen, daß in den vergangenen Jahren die Anzahl der Menschen in absoluter Armut weltweit um die Hälfte gesunken ist. 92 Prozent der Deutschen nehmen an, sie sei gleich geblieben oder gar gestiegen.“

(CIG)

 

Venedig

Venedig
von Ivan Konstantinovich Aivazovsky
 

Es wird besser

„Wirtschaftlich geht es uns so gut wie nie zuvor. Die Zahl der Erwerbstätigen ist in diesem Jahr abermals auf einem Rekordhoch. Im August hatten wir die niedrigste Arbeitslosenzahl seit 25 Jahren. Die Preise sind stabil. Die Reallöhne sind deutlich gestiegen; auch die Renten sind so stark gestiegen, wie lange nicht mehr, im Osten noch mehr als im Westen.“

(Wolfgang Schäuble)

 

Zur Lage der Gutmenschen

Was sagen wir, wenn wir jemanden als «Gutmenschen» apostrophieren, ihm die Wertung «gut» gewissermassen auf den Leib schreiben? Wir ironisieren: Wir finden ihn alles andere als gut, aber er ist dafür umso mehr von seiner eigenen Güte überzeugt.

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Political Correctness

In diversen deutschen Städten oder Bundesländern steht die «Akzeptanz sexueller Vielfalt» im Lehrplan. So werden in Berlin im offiziellen Unterrichtsmaterial etwa Pantomimespiele angeregt. Die vierzehnjährigen Schüler dürfen Begriffe wie «zu früh kommen» oder «Sadomaso» Vorspielen. Im Lateinunterricht könnten Catulls Gedichte zur Knabenliebe übersetzt werden, wird angeregt. In Schleswig-Holstein wurden Materialien ausgearbeitet – und nach Protesten zurückgezogen nach denen Viertklässler Diktate schreiben sollten, in denen nebenbei erklärt wurde, was Polygamie ist.

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Der Schuldgrundsatz – aus der Affenzeit?

Leserbriefe, die bereichern (aus der FAZ)

Zu „Entkriminalisierung von Kindesmissbrauch?“ von Professor Clemens F. Hess (FA.Z. vom 18. Januar), der zu dem Artikel „Fatales Vertrauen“ (F.A.Z. vom 10. Januar) Stellung nimmt. In Deggendorf steht ein ehemaliger katholischer Priester vor Gericht. Ihm wird schwerster sexueller Missbrauch zahlreicher Kinder vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft geht von einer „Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie“ und von einer „verminderten Schuldfähigkeit“ aus. Der Leser Professor Hess berichtet nun von (allerdings wohl umstrittenen) Forschungsergebnissen, nach denen pädophile Männer, die zum Täter werden, „charakteristische neurobiologische Veränderungen aufweisen“. Seine Befürchtung: Die Täter würden als Opfer einer Krankheit gesehen, seien daher lediglich vermindert schuldfähig, und es drohe die Entkriminalisierung von Kindesmissbrauch.

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Im Geiste Lessings zur Toleranz

Leserbriefe, die bereichern (aus der FAZ)

Zum Leserbrief von Julia Greve „Mit Klugheit“ in der FA.Z. vom 26. Februar mit Bezug auf Marco Stahlhut, „Die Illusion eines modernen Islam“ (FA.Z. vom 17. Februar): Leserin Greve greift die Resonanz auf, die Stahlhuts beeindruckender Beitrag gefunden hat, und sie kritisiert die von ihm vorgenommene Gleichsetzung von Islam und Islamismus. („Die Entwicklungen im globalen Islam gehen … deutlich in Richtung eines Siegeszuges des Islamismus …“) Während Stahlhut seine Feststellung aus Erkenntnissen trifft, die er in der Realität der islamischen Welt gewonnen hat, will Leserin Greve dem nur auf einer geistig-abstrakten Ebene unter Bezug auf Aufklärung und Liberalität begegnen. Beides verpflichte uns im Geiste Lessings zur Toleranz. Die Gleichsetzung von Islam und Islamismus verhindere jedoch Anwendung von Aufklärung im Diskurs. Deswegen richtet sie an die, welche Marco Stahlhut zustimmen, die Frage:„ Sind wir noch immer der Meinung, es gäbe eine berechtigte Hierarchie der Religionen?“

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Australien – „lucky country“

Ein „lucky country“, ein glückliches Land, sei Australien, heißt es. Gesegnet ist es ganz sicher. Auf dem Fünften Kontinent liegen mehr Kohle, Erz, Gold und Uran, als in den nächsten hundert Jahren verkauft werden können, vor den Küsten gibt es Öl und Gas im Überfluss. Genau dieser Reichtum an Bodenschätzen aber hat das Land verführt, nachlässig gemacht. Es hat die Balance verloren.

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Wenn Eitelkeit das Gehirn besiegt

Der Spiegel-Erbe Jakob Augstein ist äußerst gebildet; es gelingt ihm in jeder seiner Spiegel-Kolumnen, mindestens einen berühmten Soziologen oder Philosophen oder gerne auch einen Nobelpreisträger zu zitieren; Augstein weiß sogar, was Max Horkheimer 1939 gesagt hat:

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, der sollte auch vom Faschismus schweigen.“

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