Peter Maiwald: Kindergeburtstag

Wir hatten alles geregelt. Meine Frau schlief ihren Rausch aus. Ich besorgte die Kuchen und was sonst noch dazu gehört. Ich dachte an mein Konto. Dann verbrachten wir Stunden mit Tischdecken, dem Wecken meiner Frau und der Frage, wann das Ganze denn anfängt. Dann kamen die anderen Kinder und wir hörten nicht mehr hin, wenn irgendwo in der Wohnung etwas klirtte. Gegen sechs kamen die Eltern und holten ihre Kinder aus der zertrümmerten Wohnung. Eine Mutter sprach von dem schweren Los eine Mutter zu sein. Meine Frau trank sich einen Rausch an. Ich brachte die Kinder zu Bett und schlief mit der Mutter die übrigblieb.

Konfuzius sagt: Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist. Ist das, was gesagt ist, nicht das, was gemeint ist, so kommen die Werke nicht zustande, so gedeihen Moral und Kunst nicht. Gedeihen Moral und Kunst nicht, so trifft die Justiz nicht, so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen. Also dulde man keine Willkür in den Worten. Das ist alles, worauf es ankommt.

Elie Wiesel: Ihr sollt wissen, daß kein Mensch illegal ist. Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber illegal ? Wie kann ein Mensch illegal sein ?

Heinrich Böll an seinen Enkel: Wir kommen weit her liebes Kind und müssen weit gehen – keine Angst, alle sind bei dir, die vor dir waren – deine Mutter, dein Vater und alle, die vor ihnen waren – weit weit zurück – alle sind bei dir – keine Angst, wir kommen weit her und müssen weit gehen liebes Kind.

G.E. Lessing: Gestern liebt ich, heute leid ich, morgen sterb ich: Dennoch denk ich heut und morgen gern an gestern.

Bittgedanke dir zu Füßen: Stirb früher als ich, um einiges früher. Damit nicht du den Weg zum Haus allein zurückgehn mußt. (Fundstück)

Ikarus – Mir träumt´, ich flög´ gar bange weit in die Welt hinaus, zu Straßburg durch alle Gassen bis vor Feinsliebchens Haus. Feinsliebchen ist betrübet als ich so flieg und weint: Wer dich so fliegen lehrte das ist der böse Feind. Feinsliebchen, was hilft hier lügen, da du doch alles weißt: Wer mich so fliegen lehret, das ist der böse Geist. Feinsliebchen weint und schreiet, daß ich am Schrei erwacht – da lieg ich, ach! in Augsburg gefangen auf der Wacht. Und morgen muß ich hangen – Feinsliebchen mich nicht mehr ruft, wohl morgen als ein Vogel schwank ich in freier Luft. (Justinus Kerner)

Freiheit ist das Recht, alles zu tun, was die Gesetze erlauben. (Montesquieu)

Die Mutter teilt das Kind im Bauch. Die Mutter teilt die Nahrung. Teilen ist ein Liebesakt. Du musst respektieren, du musst deine Mitarbeiter respektieren, du musst deine Konkurrenten respektieren, Respekt ist ein Liebesakt. Du musst verzeihen. Man kommt nur durch das Leben durch Misserfolge. Jeder Irrtum bringt mich näher an den Erfolg. Das fängt schon bei den Kindern an. Jedes Kind fällt hundertmal um, bevor es stehen und laufen kann. Man lernt nur durch Irrtümer. Wer diese Gebote befolgt, geht in Harmonie durchs Leben. (Fundstück)

 

Kurt Tucholsky: Mutterns Hände

Hast uns Stulln jeschnitten un Kaffe jekocht un de Töppe rübajeschohm – un jewischt un jenäht un jemacht un jedreht …….. alles mit deine Hände.

Hast de Milch zujedeckt, uns Bonbons zujesteckt un Zeitungen ausjetragen – hast die Hemden jezählt und Kartoffeln jeschält …… alles mit deine Hände.

Hast uns manches Mal bei jroßem Schkandal auch ´n Katzenkopp jejeben. Hast uns hochjebracht. Wir wahn Sticker acht, sechse sind noch am Leben …… Alles mit deine Hände.

Heiß warn se un kalt, nun sind se alt. Nu bist du bald am Ende. Da stehn wa nu hier, und dann komm wir bei dir und streicheln deine Hände.

Heinrich Heine:

Mein Kind, wir waren Kinder, zwei Kinder klein und froh; wir krochen ins Hühnerhäuschen, versteckten uns unter das Stroh.

Wir krähten wie die Hähne, und kamen Leute vorbei – „kikeriküh!“ sie glaubten, es wäre Hahnengeschrei.

Die Kisten auf unserem Hofe, die tapezierten wir aus, und wohnten drin beisammen, und machten ein vornehmes Haus.

Des Nachbars alte Katze kam öfters zum Besuch; wir machten ihr Bückling´ und Knickse und Komplimente genug.

Wir haben nach ihrem Befinden besorglich und freundlich gefragt; wir haben seitdem dasselbe mancher alten Katze gesagt.

Wir saßen auch oft und sprachen vernünftig, wie alte Leut´, und klagten wie alles besser gewesen zu unserer Zeit!

Wie Lieb und Treu und Glauben verschwunden aus der Welt, und wie so teuer der Kaffee und wie so rar das Geld! —

Vorbei sind die Kinderspiele und alles rollt vorbei, – Das Geld und die Welt und die Zeiten, und Glauben und Lieb´ und Treu´.

Rainer Maria Rilke: Der Panther (Im Jardin des Plantes, Paris)

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -, Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille – und hört im Herzen auf zu sein.

Unbekannter Dichter:

Du bist min, ich bin din: des solt du gewis sin. du bist beslozzen in minem herzen: verlorn ist daz Slüzzelin: du muost immer drinne sin.

Du bist mein, ich bin dein: dessen sollst du gewiß sein. Du bist verschlossen in meinem Herzen: verloren ist das Schlüsselein: du mußt für immer drinnen sein.

 
 
 

Die Frau im Koran

Angesprochen werden im Koran eigentlich nur die Männer. Geht es um die Frauen, so heißt es deshalb in der Regel: „Eure Frauen“.

Daß die Männer eine Stufe über den Frauen stehen, wird im Koran ausdrücklich gesagt (Paret 2/228, 4/34). Als Zeuge gilt ein Mann so viel wie zwei Frauen (Paret 2/282), und bei der Erbteilung kommt auf ein Kind männlichen Geschlechts gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts (Paret 4/11 u. 176).

Wenn hierzu von den Anwälten des Islam vorgebracht wird, diese Installierung von Frauenrechten durch Mohammed sei zur damaligen Zeit ein gewaltiger Fortschritt gewesen, so mag das sein. Man muß dem aber entgegenhalten, daß mit der Kanonisierung im „ewigen Koran“ die weitere Entwicklung zur Gleichberechtigung abgeschnitten worden ist.

Ein Mann kann bis zu vier Frauen haben sowie eine unbegrenzte Zahl von Konkubinen aus den Reihen der Sklavinnen (Paret 4/3), was umgekehrt natürlich nicht möglich ist. Eine Ausnahme von der Beschränkung auf vier Frauen gibt es nur für Mohammed selbst: „Dies ist dir vorbehalten im Unterschied von den Gläubigen.“ (Khoury 33/50, Paret dito)

Das Recht des Mannes, seine Frau zu züchtigen, ist eigentlich eine Pflicht, da die betreffende Bestimmung – jedenfalls in den Übersetzungen – in imperativischer Form abgefasst ist. Wegen der Brisanz dieses Gebots sei hier der Wortlaut der vorliegenden Übersetzungen angegeben:

  • Und wenn Ihr fürchtet, daß Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! (Paret 4/34)
  • Diejenigen aber, für deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet – warnt sie, verbannt sie in die Schlafgemächer und schlagt sie. (Henning 4/38)
  • Ermahnt diejenigen, von denen ihr Widerspenstigkeit befürchtet, und entfernt euch von ihnen in den Schlafgemächern und schlagt sie. (Khoury 4/38)
  • Diejenigen Frauen aber, von denen ihr fürchtet, daß sie euch durch ihr Betragen erzürnen, gebt Verweise, enthaltet euch ihrer, sperrt sie in ihre Gemächer und züchtigt sie. (L.W. in der Goldmann/Orbis-Ausgabe 4/34)
 

Kurz und interessant

= Nur noch weniger als die Hälfte glaubt, man könne seine Meinung in Deutschland frei äußern. (Für die andere Hälfte ist das eine willkommene Begründung, sich kein fundiertes politisches Wissen anzueignen.)

= Russlands Präsident Putin hat Vorwürfe eines russischen Cyberkriegs gegen die USA als „absurd“ bezeichnet. Dem amerikanischen Sender NBC sagte Putin: „Wir sind aller möglichen Dinge beschuldigt worden; die USA haben sich dabei nicht ein einziges Mal die Mühe gemacht, irgendwelche Beweise vorzulegen.“

= Es dürfte allseits bekannt sein, dass der saudische Journalist Kashoggi im Auftrag eines saudischen Prinzen ermordet wurde. Jetzt meldet die New York Times, dass vier Mitglieder dieses saudischen Mordkommandos im Jahr 2017 in den USA (!!!) an einem Training der Sicherheitsfirma Tier1 teilgenommen haben; diese Schulung der späteren Mörder erfolgte mit Genehmigung der US-Regierung.

= Ab 1.9.2021 ist in Texas das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit wieder erlaubt; Voraussetzung: mindestens 21 Jahre und nicht vorbestraft. Bisher muss eine Prüfung erfolgen mit Schießtraing und Abgabe von Fingerabdrücken; das entfällt dann.

= Plastik ist für die Umwelt nicht schlecht – falls es recycelt wird. Das war bisher ein Problem. Eine neue Technik macht es möglich, aus altem Kunststoff neuen zu machen. Das geht auch mit Matratzen und Autoreifen.

= Obwohl die Corona-Krise noch nicht richtig vorbei ist, suchen zahlreiche Unternehmen händeringend Arbeitskräfte – und das nicht nur für die Apfelernte. In der IT-Branche und in der Industrie und im Baugewerbe und im Handwerk werden gut bezahlte Jobs angeboten.

= „Die Programmatik grüner Erinnerungskultur ist scheinmoralisch, undurchdacht und weist klaffende Wissenslücken auf. Blamabel für eine Akademikerpartei.“ (Michael Wolffsohn)

= Ärzte verschreiben gegen Ende eines langen Arbeitstages mehr Opiode als Vormittags, ohne dass es dafür medizinische Erklärungen gäbe.

= In der feministischen Süddeutschen Zeitung schreibt die Kolumnistin Jagoda Marinic: „Der Hass der Zeit. Wie man mit einer Frau umgeht, die nach Macht strebt, zeigen nicht nur die Kampagnen gegen Annalena Baerbock. Diese Misogynie ist nicht hinnehmbar.“ (Im Lexikon nachgeschaut: Misogynie bedeutet Verachtung von Frauen)

= „Wir brauchen einen ganz anderen Unterricht, weg vom Frontalunterricht und Konsum hin zum aktiven, selbst gesteuerten Lernen und zu individuellen Lernkonzepten.“ (Uwe Cantner – Vors. der Expertenkommission für Forschung und Innovation)

= „Luther erschütterte Deutschland – aber Franz Drake beruhigte es wieder: Er gab uns die Kartoffel.“ (Heinrich Heine)

 

Immer noch richtig!!

Schon vor ein paar Jahren sagte Charles Munger (Berkshire):

„Die Asiaten sind so, wie die Deutschen nach dem Krieg waren – es gibt eine neue Art von Deutschen, die man Chinesen nennt; sie sparen 50 Prozent ihres Einkommens. Die neuen Deutschen sind gelb.

Als Volkswirtschaft hat sich China schneller entwickelt, als je ein einziges der großen Unternehmen in der Menschheitsgeschichte gewachsen ist. Es ist schwierig, etwas Interessanteres zu finden als China und Korea. Die Koreaner hatten keine guten Voraussetzungen: kein Öl, keine Kohle, dazu schlechte Bedingungen für ihre Landwirtschaft und einen langen Krieg. 40 Millionen Koreaner auf einem lausigen Stück Land – und schauen Sie, was sie aus nichts gemacht haben, seit der Krieg vorbei ist.“

Mungers damalige Aussagen sind immer noch zutreffend – man könnte Singapur und Taiwan hinzufügen und Länder wie Malaysia, Indochina, Vietnam, Pakistan und Indien im Auge behalten.

Aber wie soll man in den asiatischen Aktienmarkt investieren? Fast alle Fonds und ETFs fordern zu hohe Gebühren. Ein mit 0,18 % Gesamtkosten preiswerter ETF ist der schon empfohlene von Blackrock (WKN A111X9), der vor allem in die besagten asiatischen Märkte investiert – aber auch in mehrere andere Entwicklungsländer. Ansonsten gibt es eine Reihe von Einzelaktien, die sich wahrscheinlich gut entwickeln: Tencent, Netease, Pinduoduo, Baozun, Alibaba, Bilibili, Sea, Baidu, J.D.Com, Xiaomie, Reliance, Ehang, Hyundai, Nio, Byd, Samsung, Toyota, Luckin-Caffee, Zai-Lab.

Die guten Prognosen für Asien bedeuten nicht, dass die USA und Europa uninteressant werden – darauf kommen wir zurück. Mit der Empfehlung von Gazprom (WKN 903276) kann nicht gewartet werden – diese Aktie ist ein echtes Schnäppchen und hat eine sehr hohe Dividendenrendite

 

Alles müssen diese Journalisten-Typen kaputt schreiben. Politiker können ein Lied davon singen. Jetzt muss auch der Fußball ans Messer geliefert werden.

Mehrere hundert Millionen Europäer haben sich auch auf diese Europa-Meisterschaft gefreut. Die Niederlage der Deutschen gegen Frankreich haben über 20 Millionen im Fernsehen angeschaut. Ein Spiel der Italiener – ohne deutsche Beteiligung – hatte alleine in Deutschland neun (!!!!!) Millionen Zuschauer. Nichts kann unseren wegen Corona aufgestauten Frust besser beseitigen als Fußball.

Ein gewisser Peter Körte von der FAZ spricht von „gierigem Voyeurismus“ und schreibt: „Hauptsache, es geht immer weiter. Ohne Empathie. Ohne Innehalten. Ohne Rücksicht auf die Wahrheit. Und so trat an dem Tag, an dem das Herz von Christian Eriksen kurze Zeit stillstand, an dem jeder wünschte, er möge zurückkommen, ein Zustand der umfassenden Verantwortungslosigkeit ein: bei der UEFA, bei dem von ihr beauftragten Fernsehdienstleister und im Apparat des deutschen Fernsehens. Dieser Zustand wird anhalten bis zum Finale am 11. Juli. Und darüber hinaus. Es wäre zu wünschen, ist aber nicht zu erwarten, dass bei der nächsten Gelegenheit jemand aus diesem Versagen Konsequenzen zieht. Die WM in Katar wäre eine solche Gelegenheit.“

Wann wollen diese Ignoranten endlich mal begreifen, dass es k e i n e friedlichere Institution auf der Welt gibt, als Fußball. Fußball ist für hunderte Millionen Menschen auf der Welt das wichtigste oder sogar das einzige „Ich-will-weiter-leben-Medikament“. Fußball bringt Frieden zwischen verfeindeten Völkern; das hat selbst der ehemalige UNO-General-Sekretär festgestellt. Fußball ist die einzige Massenbewegung auf der Welt, in der alle Menschen willkommen sind: Schwarze, Gelbe, Rote und Weiße – Frauen und Männer – Kinder – Reiche und Arme – Gebildete und Doofe. Fußball kostet nichts; vor jeder Hütte und auf jeder Wiese im ärmsten Land der Welt kann Fußball gespielt werden. Fußball ist Mannschaftssport und damit das beste Erziehungsmittel und eine gute Vorbereitung auf das Leben. (Wenn ich König von Deutschland wäre, würde ich alle Schüler vom 6. bis zum 16. Lebensjahr verpflichten, mindestens viermal in der Woche Mannschaftssport zu betreiben; das kann z.B. auch Basketball sein.)

Selbst den autoritären Staat Qatar wird die Fußball-Weltmeisterschaft ein wenig friedlicher machen und öffnen.

 
 
 
 

Nur ein Vogelschiss – Zum Schicksal der Roma und Sinti

  • Sehr früh versuchten Städte und Gemeinden, ihre Facharbeiter, Handwerker und Kaufleute zu beschützen, indem sie die Ausübung traditioneller Handwerke und Gewerbe durch Roma und Sinti für ungesetzlich erklärten.
  • Nationalsozialisten verbreiteten die Behauptung, dass Roma und Sinti ihr angeblich „asoziales“ Verhalten von ihren Familien erben.
  • Deutsche Soldaten, von denen bekannt wurde, dass sie aus Roma- oder Sinti-Familien stammten, wurde in der Regel auf Heimaturlaub geschickt, um sie dort verhaften zu können. Die Kameraden dieser Soldaten sollten das nicht mitbekommen.
  • Viele als „Zigeunerkinder“ klassifizierte Waisen- und Pflegekinder wurden von ihren Pflegefamilien getrennt und in Konzentrationslager verschickt.
  • Als im Dezember 1941 im „Zigeunerlager“ des Ghettos Litzmannstadt in der heutigen polnischen Stadt Lodz eine Typhusepidemie ausbrach, wurden 4600 Roma in Vergasungswagen getötet. 4400 von ihnen liegen in unmarkierten Massengräbern im Wald von Chelmno.
  • Das Auschwitz-Dekret Heinrich Himmlers vom 16. Dezember 1942 verfügte die Deportation aller im Deutschen Reich noch lebenden „Zigeuner“ nach Auschwitz-Birkenau. Dieser Befehl markierte die letzte Phase eines Plans zur Vernichtung der „Zigeuner“. Die Massendeportationen deutscher, österreichischer und tschechischer Roma und Sinti nach Auschwitz-Birkenau begannen im April 1943. Mehr als 20.000 Roma und Sinti wurden in 32 Holzbaracken im „Zigeunerfamilienlager“ in Auschwitz zusammengepfercht. Bis zum Juni 1944 waren 70 Prozent von ihnen bereits gestorben. Während die noch Arbeitsfähigen in andere Konzentrationslager überstellt wurden, wurden die zurückgebliebenen 2.879 Gefangenen in der Nacht des 2. August 1944 vergast.

 
 
 
 
 
 

Todesstrafe nach Belieben im USA-Partnerland Saudi-Arabien

„Vor einem Jahr schien die saudische Scharia-Justiz einen Weg der Besserung einzuschlagen. Gemäß einem königlichen Erlass sollten Verbrecher, die zum Zeitpunkt ihrer Tat noch nicht 18 Jahre alt waren, nicht mehr zum Tode verurteilt werden. Auch sollten bereits gefällte Urteile in einen Freiheitsentzug von maximal zehn Jahren umgewandelt werden. Eine Kommission des obersten Gerichts kündigte zudem im April 2020 die Aussetzung der Prügelstrafe an. Es handele sich um eine Weiterführung der von König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman begonnenen Menschenrechtsreformen, hiess es.

Der Fall von Mustafa Darwish zeigt indes, dass minderjährige Straftäter nicht in jedem Fall der Todesstrafe entkommen. Er gehörte der schiitischen Minderheit an der Ostküste an und soll dort 2011 und 2012 an Demonstrationen teilgenommen haben. Die saudische Staatsreligion des Wahhabismus, eine fundamentalistische Auslegung des sunnitischen Islams, anerkennt die Schiiten nicht als Glaubensbrüder. In der Folge des arabischen Frühlings kam es unter den Schiiten daher wiederholt zu regimekritischen Protesten.

Laut seiner Familie wurde Darwish 2015, also mehrere Jahre nach den Protesten, mit zwei Freunden auf der Straße festgenommen. Die Polizisten ließen ihn zunächst gehen, behielten aber sein Mobiltelefon, auf dem sie später ein belastendes Foto fanden. Nach der erneuten Festnahme wurde Darwish unter Folter zu einem Geständnis gezwungen, das er später vor Gericht widerrief, wie die britische Menschenrechtsorganisation Reprieve schreibt, die sich dem Kampf gegen die Todesstrafe verschrieben hat.

Vor drei Jahren verurteilte ein saudisches Sondergericht Darwish zum Tode. Es warf ihm unter anderem die Teilnahme an einer „bewaffneten Rebellion“ und an über zehn „Krawallen“ vor. Während vieler dieser Handlungen soll Darwish allerdings erst 17 Jahre alt gewesen sein. Menschenrechtsorganisationen forderten deshalb, den Fall des Jugendlichen unter Berücksichtigung des königlichen Erlasses vom Vorjahr neu zu beurteilen. Zudem drängten sie den britischen Aussenminister Dominic Raab dazu, den Fall bei seinem Besuch in Riad anzusprechen. Raab soll die saudischen Menschenrechtsprobleme gegenüber seinen Gastgebern allerdings nur in allgemeiner Form angesprochen haben.

Am Dienstag nun wurde Darwish hingerichtet – gerade als der britische Handelsminister zu Besuch war. Die Eltern des jugendlichen Todeskandidaten sollen von der Hinrichtung ihres Sohnes erst über Internetmedien erfahren haben, berichtet Reprieve.

Amnesty International hat darauf hingewiesen, dass Straftaten, die unter das Anti-Terror-Gesetz fallen, vom königlichen Erlass zur Todesstrafe für Minderjährige ausgenommen sind. Somit ist weiterhin nicht ausgeschlossen, dass saudische Richter dem Leben rebellischer Teenager auch künftig ein vorzeitiges Ende setzen werden.“ (NZZ)