Liebe Leser, sind Sie der Meinung, daß Tierversuchsgegner auf Medikamente und Verfahren verzichten müssen, die mit Terversuchen entwickelt wurden?
Der traurige Fall des Hirnforschers Logothetis sollte endlich zum Umdenken der Tierversuchsgegner führen:
Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, eines der weltweit führenden Institute im Bereich der Hirnforschung, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Affenexperimente werden eingestellt. Diesen „Erfolg“ dürfen sich die Tierversuchsgegner auf ihre Fahnen schreiben. Mit ihren fragwürdigen, psychologisch aber wirkungsvollen Kampagnen haben sie die Wissenschaftler am Max-Planck-Institut weichgekocht.
Unter ihnen Nikos Logothetis, einer der Direktoren des Instituts und hoch angesehen in seinem Fach. Logothetis versteht die Welt nicht mehr. Das hat mehrere Gründe: Die Geschichte fing damit an, dass ein von der sogenannten Soko-Tierschutz eingeschleuster Tierpfleger in seinem Affenlabor rechtswidrig mit versteckter Kamera filmte, wobei die Bilder in der Nachbearbeitung dramatisch zusammengeschnitten wurden. Dann wurde das Elaborat noch mit Musik in Moll untermalt. Ein gefundenes Fressen für Fernsehformate wie „Stern TV“, die die reißerischen Bilder gerne sendeten. Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten. In der Folge wurden die Wissenschaftler des Instituts beschimpft, bedroht und gedemütigt.
Ein Vegetarier, der das Töten von Tieren ablehnt, verzehrt kein Fleisch. In diesem Sinn handelt er folgerichtig und ist glaubwürdig. In vergleichbarer Weise müssten Tierversuchsgegner konsequent auf alle Medikamente, medizinischen Verfahren und Therapien verzichten, denen Tierversuche zugrunde liegen. Nur im Bereich der Impfungen muss zum Wohle der Allgemeinheit von diesem Verfahren abgerückt werden. Da Tierversuchsgegner nicht müde werden zu betonen, dass es naiv ist, Forschungsergebnisse von Tieren auf Menschen zu übertragen, dürfte ihnen gemäß ihrer eigenen Philosophie kein Schaden drohen. Um Tierversuchsgegnern die Möglichkeit zu geben, glaubwürdig zu handeln, müssten alle Medikamente und Verfahren, die in irgendeiner Form auf Tierexperimente zurückgreifen, gekennzeichnet werden. Gleichzeitig könnte man auf Patientenkarte und/oder Personalausweis seinen vollständigen Verzicht auf die inkriminierten Verfahren vermerken.
Man darf gespannt sein, ob die Konsequenz der Tierversuchsgegner ausreicht, auch böse Krankheiten mit Globuli oder Bachblütentherapie zu behandeln. Sollte im Unglücksfall – zum Beispiel bei einem Herzinfarkt und notwendiger Operation – ein Tierversuchsgegner von seinem Standpunkt abweichen, was menschlich nachvollziehbar ist, dann kann man nur hoffen, dass er in Zukunft höflich schweigt.
von Marco Wehr (Physiker, Buchautor und Philosoph in Tübingen)