Der Fall Auerbach

Im März 1951 wurde der „ungekrönte König von Bayern“, wie die Presse den Leiter des neu installierten Landesentschädigungsamtes nannte, verhaftet. Die Polizei nahm ihn wegen des Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung auf einer Dienstreise fest. Die Polizeiaktion auf der Autobahn erinnerte an eine Maßnahme gegen einen Schwerverbrecher. Der gesundheitlich angeschlagene Auerbach kam ins Gefängnis. Im April 1952 begann der Prozess.

Es war das erste Verfahren nach dem Krieg, bei dem ein prominenter Jude auf der Anklagebank saß. Und auf dem Richterstuhl nahm ein ehemaliger Nazi-Kriegsrichter Platz, die Beisitzer waren frühere NSDAP-Mitglieder, ebenso die Staatsanwälte und der psychiatrische Sachverständige, welcher Auerbach attestierte, er könne Phantasie und Realität nicht voneinader unterscheiden und er befinde sich in einem pubertären Zustand. Der Richter vergriff sich im Ton: Er verglich Auerbachs KZ-Erlebnisse mit seiner eigenen Zeit in Kriegsgefangenschaft.

Das Verfahren zog sich über mehr als vier Monate hin. Am Ende verurteilte ihn das Gericht wegen Bagatellen wie dem unrechtmäßigen Führen eines Doktortitels. Wegen erwiesener Unschuld in den Delikten, die zur Verhaftung führten, musste das Gericht ihn freisprechen. Noch im Gerichtssaal protestierte Auerbach gegen die „Terrorjustiz“.

Am 16. August 1952 starb Auerbach an einer Überdosis Schlaftabletten. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: „Mein Blut komme auf das Haupt der Meineidigen.“ Der Untersuchungsausschuss des Landtags rehabilitierte ihn später in vollem Umfang. Auerbach war mehrfach Opfer: Opfer der Nationalsozialisten, Opfer der Nachkriegs-Justiz, Opfer seiner Pflicht.“ (Süddeutsche Zeitung)

Allein in Bayern waren vier Jahre nach Kriegsende von 924 Richtern 752 ehemalige NSDAP-Mitglieder. Selbst unter dem NS-Regime gefällte extreme Urteile stellten kein Karrierehindernis dar.