Ablenkungsmanöver

Es ist äußerst erstaunlich, mit welcher Dickfälligkeit sich die christlichen Kirchen in Deutschland weigern, gravierende Probleme anzugehen und sich gleichzeitig nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ mit populistischen Themen bei den Gläubigen einzuschleimen.

Gravierende Probleme sind z.B.:

  • Die Aufhebung des Zölibats. Es ist Skandal, dass darüber gestritten werden muss. Auf Gott oder Jesus Christus können sich die Bischöfe nicht berufen. Die sogenannte kultische Reinheit des Priesters stammt nicht aus der christlichen Botschaft, sonder aus der jüdischen und heidnischen Antike. Die Ehelosigkeit sollte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit garantieren, dass Geistliche die ihnen anvertrauten Güter nicht an ihre Kinder vererben konnten. Die Sicherung des kirchlichen Besitzes war das entscheidende Argument für den priesterlichen Zölibat. Weil viele Argumente nicht mehr zogen, überhöhten Paul der VI. und seine Nachfolger den Zölibat spirituell. Im 20. Jahrhundert wurde der priesterliche Zölibat zum besonderen Charisma verklärt und spiritualisiert. Weltweit ist der Pflichtzölibat ein wesentliches Hinderniss für die Entcheidung zum Priestertum. Der Weihe verheirateter Männer zu Priestern oder der Weihe von Frauen zu Priestern steht nur die Borniertheit und die Machtversessenheit von Bischöfen und Päpsten entgegen. Übrigens: In Matthäus 8.14 ist von der Schwiegermutter des Petrus die Rede. Und: Die Priester der mit Rom unierten Ostkirchen dürfen heiraten.
  • Warum weigern sich die Kirchen bis heute, ihre Archive zu öffnen und ihre teilweise Unterstützung des Nazi-Regimes erforschen zu lassen ? Nicht alle – aber zahhlreiche Priester und Pfarrer haben den Nazis gedient, z.B. indem sie Gehorsam gepredigt haben. Vielen Christen waren die Juden (seit Jesus Zeiten) suspekt. Als die Massenmorde an den Juden mehr und mehr bekannt wurden, gab es nur wenige Priester, die versucht hätten, Juden zu helfen oder über Rom die Weltöffentlichkeit zu informieren. Selbst nach dem Krieg haben zahlreiche Priester – auch in Rom – den Nazis geholfen, z.B. indem sie Naziverbrecher mit Hilfe des Vatikan nach Südamerika schleusten.
  • Bei den zigtausenden Missbrauchsfällen schachern die Kirchen – auch jene in Deutschland – um finanzielle Wiedergutmachungsleistungen; das finde ich besonders widerlich !

Das prägnanteste Ablenkungsmanöver der Kirchen ist der neu inszenierte Antikapitalismus, der von Jugend- und Hilfsorganisationen propagiert wird; auch in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ treibt der Chefredakteur Röser diese Ideologie mit abgestandenen Argumenten voran; deshalb darf auch der linke Soziologe Wolfgang Streeck in der Zeitschrift für „neue Gesellschaftsmodelle“ werben. Streeck: „Es braucht eine umfassende staatliche Förderung von Genossenschaften, Klimaschutzmaßnahmen und unkonventionellen Unternehmensformen, verbunden mit einer Abkehr von rein wirtschaftlichem Denken – kurz einen realistischen Antikapitalismus.“

Es ist einfach nicht zu fassen ! Nachdem der Antikapitalismus in der Sowjetunion, in China, in Kambodscha, im katholischen Venezuela und in anderen Ländern hunderte Millionen Verhungerte, Gefolterte, Hingerichtete und auf andere unmenschliche Weise Krepierte produziert hat und nachdem z.B. die deutsche Soziale Marktwirtschaft – trotz diverser Mängel – bewiesen hat, zu welchen Leistungen ein gezähmter Kapitalismus in der Lage ist – nach dieser positiven Entwicklung geht die Kirche mit links/grünem Antikapitalismus auf Kundenfang.