In Schulbücher wird den Kindern ein sehr einseitiges Bild der Wirtschaft vermittelt
Die Wirtschaft kommt in den deutschen Schulbüchern nicht gut weg. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), dass die Darstellung von Wirtschaftsthemen in Unterrichtsmaterialien untersucht hat. Die am Mittwoch vorgestellte Studie analysierte 155 Schulbücher und 55 Lehrpläne aus allen Bundesländern. Das ernüchternde Ergebnis: Die Kinder lernen im Unterricht die Wirtschaft sehr einseitig kennen, Unternehmen sind meist nur am Profit interessiert.
So wird erklärt, dass der Strukturwandel Arbeitslosigkeit verursacht. Und: „Die kapitalistische Wirtschaftsordnung setzt auf Leistungs- und Produktionssteigerung. Das bedeutet einen verstärkten Einsatz von Maschinen zur Rationalisierung der Arbeit“, erklärt ein Schulbuch für Realschüler in den Fächern Erdkunde, Geschichte und Politik. Das Leistungsprinzip wird in den Büchern negativ besetzt. Die Perspektive von Unternehmern sucht man vergebens. In vier von fünf untersuchten Büchern geht es bei Wirtschaftsthemen um Strukturwandel, Verteilungsgerechtigkeit und Arbeitslosigkeit – meist mit wirtschaftspessimistischer Einschätzung. „Wirtschaft wird in den Büchern teilweise als Bedrohung dargestellt“, sagt Helmut Klein, Autor der Studie. So würde der technische Fortschritt zum Jobkiller gemacht.
Andere Bereiche der Ökonomie fehlen ganz oder werden nur sehr vage erklärt. „Von Unternehmern ist keine Rede, von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung nur sehr wenig“, sagt Klein. Unternehmen würden mit Großkonzemen gleichgesetzt – mittelständische Firmen und kleine Betriebe fehlen ganz in den Unterrichtsmaterialien. So heißt es in einem Schulbuch für den Politik- und Sozialkundeunterricht für die Sekundarstufe: „Wenn große Unternehmen sich weltweit ihre Produktionsstandorte aussuchen können, bevorzugen sie Länder, in denen Löhne, Umweltschutzauflagen, Steuern und Sozialversicherungsabgaben niedrig sind.“
Auch wenn das Unternehmertum in den Schulbüchern recht negativ dargestellt wird – es kommt immerhin vor. Während etwa für Arbeitnehmer wichtige Themen kaum behandelt werden. Nur jedes vierte Buch erklärt den Schülern den Kündigungsschutz, das Thema Arbeitsrecht war nur in 16 Prozent aller untersuchten Bücher zu finden. Nur in jedem zehnten Buch wurde die Funktionsweise des Arbeitsmarkts erklärt.
Ein Grund für die Einseitigkeit sieht Klein bei den Lehrplänen. „Es gibt fast keine eigenen Lehrpläne für ökonomische Bildung“, sagt Klein. Die wirtschaftlichen Bildungsthemen verteilen sich über die Schulfächer Geschichte, Politik, Erdkunde oder Sozialkunde, ein Schulfach Wirtschaft gibt es bisher kaum. Klein fordert ein Schulfach Ökonomie, denn so könne es einen Lehrplan für dieses Fach geben. Daran müssten sich dann auch die neuen Schulbücher orientieren. Und letztlich müsste dann auch die Lehrerausbildung reformiert werden.
von Katharina Grimm