D r a c h e n b r u t

Wolf Biermann hat diesen Begriff gewählt und meinte damit jene Parteikader, die in der DDR unter der Fahne des Sozialismus Menschen bespitzelten, verfolgten, einsperrten, denunzierten oder ermordeten. In der Rubrik „Drachenbrut“ wird zukünftig über diese Untaten und über die Verbrechen in der Sowjetunion berichtet.

= Vera Lengsfeld zum Stargast von ARD und ZDF Gregor Gysi: „Einer der fleißigsten IM der Stasi, genannt Sputnik, Gregor oder Notar hat „Zielpersonen“, die oft mit Gysis Mandanten identisch waren, genauestens beobachtet und detaillierte Berichte über sie abgeliefert. Allein die Beobachtungen über Robert Havemann, den bekanntesten Dissidenten der DDR, füllen Bände. Gysi war dem Haftkameraden von Partei- und Staatschef Honecker im Zuchthaus Brandenburg als Pflichtanwalt zugeteilt worden, nachdem alle Wunschanwälte Havemanns abgelehnt worden waren.

IM Notar hatte den ausdrücklichen Auftrag der Staatssicherheit, das Vertrauen von Havemann zu gewinnen, was Rechtsanwalt Gysi dann auch gelang. Nachzulesen ist das alles im Abschlussbericht des Immunitätsausschusses des Deutschen Bundestags, der die Stasitätigkeit des Abgeordneten Gysi untersuchen musste und am 8. Mai 1998 zum Ergebnis kam, dass diese „erwiesen“ sei.“

= Der Kalte Krieg begann bereits 1944, als Viktor Krawtschenko, ein Beamter bei der sowjetischen Einkaufskommission in Washington, untertauchte und sich „unter den Schutz der amerikanischen öffentlichen Meinung“ stellte. Krawtschenko wechselte in den USA von einem Versteck in das andere und schrieb einen Erfahrungsbericht über sein Leben in der Sowjetunion: „Ich wählte die Freiheit“ – erschienen 1946 in New York. In Paris wollte kein Verlag etwas von dem Buch wissen; niemand wollte sich mit der Sowjetunion oder der starken Kommunistischen Partei Frankreichs anlegen. Linke Intellektuelle behaupteten, das Buch sei im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes OSS verfasst worden und Krawtschenko sei ein Gewohnheitstrinker, ein Betrüger, ein Geistesschwacher. Daraufhin verklagte Krawtschenko einige Journalisten und es kam zum Prozess; die Beklagten bestritten Staatsverbrechen und Mißstände in der Sowjetunion; der als Zeuge geladene Erzbischof von Canterbury Johnson sagte: „Wenn Krawtschenko die Wahrheit sagt, dann habe ich (in drei Büchern über die Sowjetunion) gelogen.“

Die im Exil lebende russische Schriftstellerin Nina Berberowa schrieb später in ihren Erinnerungen: „Mit eigenen Ohren anzuhören, wie ein ehemaliger Minister oder ein weltbekannter Wissenschaftler, Träger des Nobelpreises, oder ein Professor der Sorbonne, die Ehrenlegion am Revers oder ein berühmter Schriftsteller zuerst den Zeugeneid ablegte, um dann zu versichern, dass es in der Sowjetunion keine Konzentrationslager gebe und niemals gegeben habe, war einer der stärksten Eindrücke meines Lebens.“

Der Vorsitzende Richter befragte einen Zeugen, der 14 Jahre Zwangsarbeit hinter sich hatte: „Wie viele Gefangene gab es in dem Lager ?“ – „Der Kanal war 280 Kilometer lang. Das war das Lager.“

Margarete Buber-Neumann, die drei Jahre Sibirien und fünf Jahre Ravensbrück hinter sich hatte, schätzte, dass ihr Lager zweimal so groß wie Dänemark war.

Als die sowjetischen Lager nicht mehr in Abrede gestellt werden konnten, schrieb der linke Salon-Intellektuelle und Nobelpreisträger Sartre: „Die Sowjet-Union steht „g r o s s o m o d o“ auf der Seite derjenigen, die gegen die Ausbeutung der Menschen kämpfen.“

Die unasuweisliche Tatsache der Vergleichbarkeit der totalitären deutschen und sowjetischen Regime sprach vor Gericht kein Intellektueller aus, sondern ein ukrainischer Schlosser: „In Hitlers Deutschland, wo wir Dachau und Buchenwald gesehen haben, ist ein Diktator gestürzt worden. Ich sage euch: In Stalins Russland gibt es hunderte Buchenwald.“

= Wolf Biermann wurde rund um die Uhr abgehört, und die Protokolle seines Lebens konnte er nach dem Ende der DDR in der Stasi-Unterlagenbehörde einsehen; es waren fünfzig Ordner mit rund zwanzigtausend Blatt. Darin befanden sich die auf ihn angesetzten Spitzel; von manchen hatte er es erahnt, andere waren bittere Enttäuschungen.“

= Sandra Kalniete war von 2002 bis 2004 lettische Außenministerin. Geboren wurde die Kunsthistorikerin 1952 in sibirischer Verbannung. Ihre Eltern waren mit ihren Familien nach Sibirien deportiert worden, nachdem die Sowjetunion Lettland besetzt hatte. Von sechs Deportierten starben drei im Lager. Den stalinistischen Terror hat Kalniete am Beispiel iher Familie in dem Buch „Mit Ballettschuhen im sibirischen Sommer“ (Herbig Verlag) beschrieben. Kalniete ist der Auffassung, dass die Sowjetunion nach dem Sieg über Hitler den Völkermord in Osteuropa fortgesetzt hat und dass Kommunismus und Nationalsozialismus gleich verbrecherisch waren.

= Die Dienstanweisung für die DDR-Grenztruppen von 1973 lautete: „Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen, was sich die Verräter schon oft zunutze gemacht haben.“

Fortsetzung folgt.