In diesem Buch von Elaine Pagels (C.H.Beck-Verlag) wird gefragt, warum das ursprünglich so vielfältige, reichhaltige und bis heute faszinierende Christentum ein so enges dogmatisches Glaubenskorsett entwickelt hat.
Ein Buch-Zitat: „Jeder, der schon einmal Dummheit, Sentimentalität, Verblendung und mordgierige Wut in der Maske von Gottes Wahrheit daherkommen sah, weiß, daß für das Problem, das man im Altertum als „Prüfung der Geister“ bezeichnete, keine Patentlösung existiert. Die Orthodoxie mißtraut unserer, des christlichen Fußvolks, Fähigkeit, Prüfungen dieser Art selbst vorzunehmen, und besteht darauf, das Geschäft an unserer Stelle zu erledigen und uns die Ergebnisse fix und fertig zu servieren. In Anbetracht der notorischen Begabung des Menschen zur Selbstüberschätzung können wir der Kirche sogar in gewissem Maß dankbar sein. Viele von uns ersparen sich gern die Mühe eigener Geistesanstrengung und geben sich daher ohne weiteres mit dem zufrieden, was die Überlieferung lehrt.
Aber der Umstand, daß wir die Antwort nicht aus dem Ärmel schütteln können, gibt uns nicht das Recht, der Frage auszuweichen oder sie fallenzulassen. Wir sehen ja auch, welche Gefahren – und sogar schreckliches Leid – die fraglose Hinnahme religiöser Autoritätsansprüche nach sich ziehen kann. Die meisten von uns stellen früher oder später fest, daß es an kritischen Punkten in unserem Leben gar nicht anders geht, als daß wir uns auf uns selbst verlassen und uns aus eigener Kraft einen Weg bahnen, wo keiner ist. An der Fülle und Mannigfaltigkeit unserer religiösen Traditionen – und den Gemeinschaften, die sie pflegen – erfreut mein Herz am meisten, daß sie die spirituelle Entdeckerfreude unzähliger Menschen bezeugen. So bedeuten sie Ermutigung für alle jene, die sich von dem Jesuswort leiten lassen:
„S u c h t , u n d i h r w e r d e t f i n d e n .“