Deutsche Medien u. China: Keine Erfolgsgeschichte

Das gefällt mir an einigen sogenannten Qualitätsmedien und Nachrichtensendern: Es gibt immer was zum Lachen ! Heute bin ich unabsichtlich bei NTV gelandet und lese folgende Meldung:

„Chinas Wachstum flaut im 2. Quartal 2019 stark ab auf nur noch 6,2 Prozent; damit wächst China so langsam wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr; im 1. Quartal 2019 überraschte China noch mit einem robusten Wachstum von 6,4 Prozent.“ 6,2 Prozent bedeutet also starkes Abflauen und 6, 4 Prozent robuste Steigerung. Dümmer und ignoranter geht es nicht ! Vor ein paar Monaten haben die gleichen Medien wegen des Handelskriegs mit den USA noch von einer Rezession gefaselt. Ich würde mich auch freuen, wenn deutsche Journalisten und Experten mal zur Kenntnis nehmen, dass ein Wachstum von 6,2 Prozent in 2019 faktisch mehr Wachstum bedeutet als ein Wachstum von 10 Prozent im Jahr 2009, weil die Basis, also das Bruttosozialprodukt im Jahr 2018 viel höher war, als im Jahr 2008. Mit einfachen Rechenarten sind diese Typen schon überfordert.

Liebe Leser, auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole und Sie langweile: Ich kann nicht anders ! Ich muss einige solcher Analysen und Kommentare von deutschen Medien aus den letzten Jahren wiederholen:

  • Mai 2011 – Experten der französischen Großbank Societè Generale: „China ist außer Kontrolle. China ist die größte Blase überhaupt.“
  • Oktober 2011 – Die WELT: „China taumelt Finanzcrash entgegen. Dutzende Unternehmen brechen zusammen. Ein gigantisches Systhem illegaler Kreditbeziehungen bricht nach der Megapleite eines Unternehmens zusammen. Gleichzeitig drohen vielen Banken und Privatleuten Verluste am überhitzten Immobilienmarkt.“
  • Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 14.7.2012: „Chinas Wirtschaft spürt den weltweiten Abschwung immer stärker“ und am 30.10.2012 schreibt die S.Z.: „Aussichten für China hellen sich auf.“
  • März 2014 – Süddeutsche Zeitung mit völlig frei erfundenen Behauptungen: „China. Hoffnungsloser Fall; die Märkte kollabieren und das Wachstum bricht weg. Chinas Wachstum ist in den letzten Jahren komplett aus dem Gleichgewicht geraten.“ Und schon im April 2014 – also f ü n f W o c h e n später: „Chinas Wirtschaft legt um 7,4 Prozent zu. Es hätte schlimmer kommen können.“
  • Im August 2014 titelt die FAZ: „China verblüfft mit Rekordexport.“
  • Und nochmal die Süddeutsche Zeitung, der es gelingt, sich innerhalb von a c h t T a g e n auf absurde Weise völlig zu widersprechen: S.Z. 14.10.2014: „China zeigt sich robust. Sowohl die Importe als auch die Exporte wuchsen im September überraschend kräftig.“ Und die S.Z. am 22.10.2014 – Schlagzeile: „Im kontrollierten Sinkflug. Chinas Wirtschaftswachstum geht auf 7,3 Prozent zurück.“
  • Süddeutsche Zeitung – Schlagzeile am 10.10.2015: „Auf dem Tiefpunkt. Chinas Wirtschaft wächst nur noch um 6,9 Prozent.“ (Wer ist hier auf dem Tiefpunkt ? China oder die Süddeutsche Zeitung ?)
  • Auch das inkompetente Manager-Magazin will dabei sein und schreibt auf der Titelseite im Dezember 2015: „China-Krise – Halbiert sich das Wachstum noch mal ? Drohen jetzt Jahre der Stagnation ? Die Parallelen zu Japan sind unübersehbar.“ (A b s u r d i s t a n !!!)
  • Auch im Jahr 2016 trägt die Süddeutsche Zeitung am meisten zur Erheiterung bei – 8.1.2016 – Große Schlagzeile: „Gefahr aus Fernost. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde steckt in ernsten Schwierigkeiten, die Regierung in Peking stemmt sich gegen die Krise, bisher aber mit wenig Erfolg. Inzwischen bedroht die Entwicklung die gesamte Weltkonjunktur.“ Und schon am 2.4.2016 kommt die S.Z. mit der Schlagzeile. „Chinas Industrie wächst wieder.“
  • FAZ im Mai 2017: „Chinas Exportindustrie geht es gut. Devisenreserven steigen zum dritten Monat in Folge“
  • Seit Jahren sprechen die deutschen Medien von Chinas völliger Überschuldung und riesigen Summen, die in undurchsichtigen Schattenbanken schlummern und von der Gefahr einer Finanzkrise. Auch das ist ein Popanz, weil die zentral gelenkte Wirtschaft Verschuldungsprozesse besser lenken kann und weil China mit über drei Billionen Dollar die mit Abstand höchsten Devisenreserven der Welt hat (davon können die USA nur träumen). Die Süddeutsche Zeitung schießt mal wieder den Vogel ab und titelt im Juni 2017 in diesem Zusammenhang: „Angst vor Chinas Lehmann.“ Und die immer mehr zur Illustrierten mutierende Zeitschrift „Capital“ lässt im August 2017 einen Herrn Ondruch als Experten zu Wort kommen: „Investoren übersehen ganz offensichtliche Risiken: allen voran Chinas Kreditblase.“ Und das inkompetente Handelsblatt im Oktober 2017: „Chinas Schuldenproblem ist größer als bislang vermutet, wie ein G e h e i m p a p i e r zeigt.“ (Das Handelsblatt kommt sogar an Geheimpapiere !)

Nachdem im April 2019 selbst die S.Z. von „starken Konjunktutdaten aus China“ gesprochen hat und die DZ-Bank feststellte, dass „die neuen Zahlen aus China ein Hoffnungswert für das stockende globale Wachstum sind“ – möchte ich die seriöse und kompetente „Finanzwoche“ zitieren: „Der immer wichtiger werdende Konsum in China legte im ersten Quartal um 8,7 Prozent zu und die Indsutrieproduktion steigerte sich um 8,5 Prozent zum Vorjahresmonat und der zuletzt uneinheitliche chinesische Immobilienmarkt wies um 11,8 Prozent steigende Immobilieninvestitionen aus. Die Verschuldungsprobleme sind längerfristig nicht so groß wie in den westlichen Ländern, da die Sparquoten im internationalen Vergleich überdurchschnittlich sind. Damit lässt sich die Verschuldung, wenn nötig, schneller reduzieren als in den wachstumsschwachen westlichen Ländern.“

In den siebziger und achtziger Jahren habe ich China, Taiwan und Hongkong aus beruflichen Gründen einige Male aufgesucht; seitdem versuche ich, die politische und wirtschaftliche Entwicklung zu verfolgen und mich objektiv zu informieren, was nicht einfach ist. Nächste Woche möchte ich unter dem Titel „Das China – Wunder“ weiter darauf eingehen.