Die Welt ist ein Dorf

= Eine gute Nachricht: Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Macron hielten vor ein paar Tagen eine Videokonferenz mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping ab, um über Klimaschutz und Biodiversität zu beraten. China ist entschlossen, die kurzfristigen Zielmarken zur Einsparung von CO2 zu verschärfen und will im Jahr 2060 Co2-neutral sein.

= Noch eine gute Nachricht: China hat den amerikanischen Klima-Sonderbeauftragten John Kerry zu Verhandlungen mit seinem chinesischen Kollegen Xie Zhenhua eingeladen. Kerry und Zhenhua kennen und schätzen sich; sie waren schon 2014 dabei, als eine Übereinkunft zwischen Amerika und China den Weg für das Pariser Klimaschutzabkommen ebnete.

= Deutschland wird in der ganzen Welt geschätzt. Das hat viele Gründe. Ein Grund ist die Tatsache, dass wir mit unserer Entwicklungshilfe zum zweiten Mal die Zielmarke der Vereinten Nationen übertroffen und im vergangenen Jahr 0,73 Prozent unserer Wirtschaftsleistung – das sind 23,9 Milliarden Euro – zur Verfügung gestellt haben. Der OECD-Durchschnitt beträgt 0,48 Prozent.

= Die Europäische Union tut gut daran, mit allen Staaten unseres Kontinents gute wirtschaftliche und politische Beziehungen zu pflegen. Das dient dem Frieden und es dient unserem Wohlstand. Aserbaidschan hat keinen guten Ruf, obwohl das laizistische Land Mitglied im Europarat ist und den militanten Islamismus bekämpft. Noch wird Aserbaidschan autoritär regiert – aber die Fortschritte in Richtung Rechtsstaat und Demokratie und technologischer Entwicklung sind nicht zu übersehen. Nach dem Motto „Fördern und Fordern“ wird die EU diesem Land sukzessive näher kommen.

= Wo Glaube keine Privatsache ist: Viele Christen und Muslime in der ägyptischen Provinz Minya fordern, dass die Religionszugehörigkeit nicht mehr im Ausweis erfasst wird. Wenn der Glaube nicht mehr im persönlichen Dokument vermerkt sei, verhindere das Feindschaft und fördere das friedliche Zusammenleben der Religionen. Ziel müsse sein, religiösen Hass und Diskriminierung einzudämmen. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen radikaler Muslime auf koptische Christen. Dabei stammen die Kopten aus der Urbevölkerung Ägyptens und machen heute etwa zehn Prozent der Einwohner aus. Offiziell sind Muslime, Christen und Juden anerkannte Gläubige. In Artikel 2 der Verfassung heißt es allerdings, dass der Islam Staatsreligion ist. Die Scharia gilt als „Hauptquelle der Gesetzgebung.“

Der Abgeordnete Nasr El-Din forderte die Religionszugehörigkeit aus dem Ausweis zu streichen, damit es in Ägypten ein allgemeines Bürgerrecht geben kann. In einem zivilen Staat dürften Glaube oder Nicht-Glaube für die Staatsbürgerschaft keine Rolle spielen.

= „Auch wenn Moskau dies nie zugeben wird: Langfristig wird Russland ein Interesse haben, sich in einer verschärfenden globalen Konkurrenzsituation auf Europa als Partner zu besinnen. Bis dahin braucht unsere Politik dreierlei:

Erstens langen Atem und einen weiten Blick, denn Veränderungen wird es nicht morgen geben. Zweitens muss jedem russischem Regelverstoß entschieden entgegengetreten werden – in transatlantischer Geschlossenheit. Wenn der Kreml auf eine vage Art nicht ausschließen mag, wieder gegen die Ukraine anzugreifen, muss es hierfür ein Preisschild geben. Optionen liegen auf dem Tisch. Unverändert profitiert Russland davon, dass im Westen gerne russische Staatsanleihen gekauft werden. Ohne das globale Netz von SWIFT können russische Geldhäuser ihre internationalen Geschäfte nicht abwickeln.

Drittes Element unserer Russland-Politik muss unbedingt die Bereitschaft sein, im Dialog zu bleiben. Angesichts der Entwicklung der zurückliegenden Jahre und der aktuellen Eskalation scheint eine solche Forderung manchen naiv. Doch die Tür zuschlagen beeindruckt am meisten die Tür. Russland wird wieder ein Interesse an größerer Nähe zu uns haben. Darauf müssen wir vorbereitet sein.

Russland ist uns näher, als die Machthaber im Kreml uns aus vordergründigen Erwägungen gerne glauben lassen.“ (Rüdiger von Fritsch – Von 2014 bis 2019 deutscher Botschafter in Moskau)