Drei Gedichte von Robert Gernhardt:

= Gesetzt den Fall ………

Gesetzt den Fall, ihr habt ein Schaf gekränkt – („Gesetzt den Fall“ heißt „Nehmen wir mal an“) -, gesetzt den Fall, es hat den Kopf gesenkt und ist euch böse – ja, was dann?

Dann sollt ihr dem Schaf was Liebes sagen, ihr könnt ihm auch dabei den Rücken streicheln, ihr dürft nicht „Na? Warum so sauer?“ fragen, ihr müßt dem Schaf mit Freundlichkeiten schmeicheln.

Sagt mir jetzt nicht: „Ich wohn doch in der Stadt, wo soll ich da um Himmelswillen Schafe kränken?“ Ich gebe zu, daß das was für sich hat, doch bitte ich euch trotzdem zu bedenken:

Ein gutes Wort ist nie verschenkt, nicht nur bei Schafen, sondern überall. Auch treffe ich Schafe öfter, als ihr denkt. NIcht nur auf Wiesen. Und nicht nur im Stall.

(Na wo denn noch?)

= Schön und gut und klar und wahr

Da sind diese vier weißen Tauben, die sich in das Blau des Himmels schrauben.

Sie leuchten sehr auf beim Steigen, um sich kurz drauf dunkel zu zeigen.

Das machen sie immer gemeinsam, nie flog auch nur eine je einsam.

Warum die das tun? Keine Ahnung. Möglicherweise als Mahnung.

Es ist schön, sich im Aufwind zu wiegen – es ist gut, nicht alleine zu fliegen – es ist klar, daß Steigen schon viel ist – es ist wahr, daß der Weg das Ziel ist.

= K a n t

Eines Tages geschah es Kant, daß er keine Worte fand.

Stundenlang hielt er den Mund, und er schwieg nicht ohne Grund.

Ihm fiel absolut nichts ein, drum ließ er das Sprechen sein.

Erst als man zum Essen rief, wurd´ er wieder kreativ,

und er sprach die schönen Worte: „Gibt es hinterher noch Torte?“