= Ilma Rakusa – Gedicht gegen die Angst
Streichle das Blatt – küsse den Hund – koste das Holz – hüte den Mund – zähme den Kamm – reime die Lust – schmüccke den Schlaf – plätte den Frust – neige das Glas – wiege das Buch – liebe die Luft – rette das Tuch – schaue das Meer – rieche das Gras – kränke kein Kind – iss keinen Frass – lerne im Traum – schreibe was ist – nähre den Tag – forme die Frist – lenke die Hand – eile und steh – zögere nicht – weile wie Schnee – öffne die Tür – lade wen ein – schenke dich hin – mache dich fein – prüfe dein Herz – geh übers Feld – ruhe dich aus – rühr an die Welt.
= Karoline von Günderode – Die eine Klage
Wer die tiefste aller Wunden hat in Geist und Sinn empfunden. Bittrer Trennung Schmerz; wer geliebt, was er verloren, lassen muß was er erkoren, das geliebte Herz, der versteht in Lust die Tränen und der Liebe ewig Sehnen Eins in Zwei zu sein, Eins im anderen sich zu finden, dass der Zweiheit Grenzen schwinden und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen konnt ein Wesen liebgewinnen O ! den tröstet`s nicht, dass für Freuden, die verloren, Neue werden neu geboren: Jene sind`s doch nicht.
Das geliebte, süße Leben, dieses Nehmen und dies Geben, Wort und Sinn und Blick, dieses Suchen und dies Finden, dieses Denken und Empfinden gibt kein Gott zurück.
= Hermann Hesse
Darum ist uns irrenden Brüdern Liebe möglich noch in der Entzweiung, und nicht Richten und Haß, sondern geduldige Liebe, liebendes Dulden führt uns dem heiligen Ziele näher.