Edi Rama, Ministerpräsident von Albanien, Aleksandar Vucic, Staatspräsident von Serbien und Zoran Zaev, Ministerpräsident von Nordmazedonien fordern „Eine Perspektive für den Balkan“:

„Europa ist nicht nur ein Kontinent, sondern auch eine Vision. Die Bürger der westlichen Balkanländer, die ein wesentlicher Bestandteil des Kontinents und dieser Vision sind, wurden jedoch zu lange außen vor gelassen. Der Wunsch unserer Bevölkerung, von den EU-Mitgliedern aufgenommen zu werden, wurde immer wieder durch die Innenpolitik der Mitgliedstaaten, die Nichteinhaltung von Versprechen und die Angst vor der Zukunft zunichtegemacht. Das hat zur Enttäuschung, Instabilität, Auswanderung und dem Ausbleiben großer Investitionen geführt.

Wir als politisch Verantwortliche jener Länder können uns entweder darüber beschweren – oder etwas dagegen tun. Wir haben uns für Letzteres entschieden. Im November 2019 haben wir eine vorläufige Vereinbarung unterzeichnet, um den Berliner Prozess voranzutreiben, indem wir die Verantwortung für eine vertiefte Zusammenarbeit in der Region übernehmen.

Unsere Vision ist es, die sozialen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Hürden zu überwinden, die das Wirtschaftswachstum unserer Region behindern, indem wir die vier Freiheiten Europas in unseren Ländern umsetzen. Deshalb haben wir Abkommen unterzeichnet, die Grenzkontrollen abbauen, damit Waren fast ohne Verzögerung passieren können, und die es unseren Bürgern ermöglichen, im jeweils anderen Land zu arbeiten. Abkommen, die Mechanismen für den freien Reiseverkehr unserer Bürger zwischen unseren Ländern etablieren, so wie EU-Bürger zwischen ihren Ländern reisen. Unsere Initiative, die wir „Open Balkan“ nennen, hat sich als effizient und hilfreich erwiesen, um die sehr schwierige Zeit der Pandemie zu überstehen.

Obwohl die Initiative „Open Balkan“ bis jetzt nur Serbien, Albanien und Nordmazedonien umfasst, ist sie für alle Mitglieder des westlichen Balkans offen. Wir ergreifen diese Gelegenheit und laden erneut alle unsere Nachbarn dazu ein, sich anzuschließen und ihren Bevölkerungen die Vorteile zu bieten, die wir unseren bieten. Durch den freien Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr kann unsere Zusammenarbeit den Handel und das Wachstum ankurbeln und das Leben für jeden Einzelnen in unserer Nachbarschaft erleichtern.

Oft als „Pulverfass Europas“ kritisiert, können wir als verantwortungsbewusste Politiker nicht zulassen, dass unsere Region in die Albträume der Vergangenheit zurückfällt, während die EU nicht in der Lage ist, in dieser Phase mehr für die Erweiterung zu tun. Wir haben unsere Differenzen, wir sind uns in einigen politischen Fragen nicht einig – aber wir sind uns alle einig, dass die Wirtschaft und die vier Freiheiten Europas der Weg sind, der unserer Region Hoffnung auf dauerhaften Frieden gibt. „Open Balkan“ ist kein Trostpreis anstelle einer EU-Mitgliedschaft, sondern im Gegenteil ein großer Schritt in Richtung Mitgliedschaft. So wie die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl nach dem Zweiten Weltkrieg die Geburtsstunde der Europäischen Union darstellte, so wird die „Open Balkan Initiative“ als ein Wendepunkt in Erinnerung bleiben, der unsere Nationen näher an die Europäische Union heranführte – und in Richtung Vollmitgliedschaft im größten Handelsblock der Welt.

Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung in Deutschland die Initiative „Open Balkan“ als Beitrag zur vollständigen Umsetzung des Berliner Prozesses annehmen und unterstützen wird. Mehrere europäische Staats- und Regierungschefs und die amerikanische Regierung haben bereits ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht. Wir danken ihnen dafür. Unternehmer, Landwirte und Studenten aus dem gesamten Westbalkanraum haben ebenfalls ihre Unterstützung bekundet. Sie sind eine Inspiration für uns.

Nun sollte sich die gesamte EU der vollen Unterstützung dieser Initiative anschließen und unsere Nachbarn ermutigen, ihre vollständige Umsetzung von einer Notwendigkeit zu einer Tatsache werden zu lassen. Es ist höchste Zeit, dass sich alle Nationen und Menschen in der Region für eine gemeinsame bessere Zukunft zusammenfinden. Eine Zukunft, die Stabilität, Frieden und einen höheren Lebensstandard für alle bietet. Eine Zukunft, die sich über die Streitigkeiten der Vergangenheit erhebt und unseren Kindern die Hoffnung und die Länder gibt, in denen sie zu leben verdienen.“

Unsere Initiative „Open Balkan“ ist ein großer Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft. Die Eu sollte sie unterstützen.