Was niemand für möglich gehalten hätte: Mario Draghi hat mit dem „Green Pass“ und der 3G-Pflicht am Arbeitsplatz und anderen Maßnahmen seine Corona-Politik durchgesetzt. Die Quote der Vollgeimpften über zwölf Jahre hat sich auf 81 Prozent erhöht und soll vor dem Winter noch 90 Prozent erreichen. Ab sofort wird jeder Arbeitnehmer, der keinen Impfnachweis vorlegt, suspendiert.
Italien ist nach dem 2. Weltkrieg über Jahrzehnte miserabel regiert worden. Radikale und miteinander konkurrierende Gewerkschaften und inkompetente oder gar korrupte Beamte und Politiker haben erfolgreiche italienische Unternehmen aus dem Land getrieben.
Mario Draghi hat die lange überfällige Reform des Justizsystems, die u.a. der Beschleunigung der Prozesse dient, vorangebracht.
Eine tiefgreifende Reform zur Modernisierung der verkrusteten Verwaltung ist verabschiedet.
Die Unternehmen in Italien sind optimistisch für die nächsten Jahre; die Industrieproduktion steigt und die Arbeitslosenrate geht zurück.
Das Wirtschaftswachtum soll in diesem Jahr bei niedrigen Inflationsraten mehr als sechs Prozent betragen – allerdings wird dann erst wieder das Niveau von vor der Finanzkrise erreicht. Und kein Land Europas hat so viele Schulden angehäuft wie Italien, wobei das niedrige Zinsniveau in der Eurozone den Italienern hilft, auch hier voranzukommen.
Draghi will und muss zahlreiche Probleme noch angehen: Die Frauenerwerbstätigkeit ist für ein Industrieland mit 49 Prozent niedrig; eine Familienförderung existiert praktisch nicht; das Renten- und Steuersystem wartet seit Jahrzehnten auf dringende Reformen.
Italien erhält aus dem EU-Wiederaufbaufonds 191 Milliarden Euro, die in Zukunftsprojekte investiert werden müssen; Bürokratie und Korruption und Mafia werden versuchen, sich ein Stück von diesem Kuchen abzuschneiden.
Wenn die aktuelle politische Stabilität zumindest bis zum Ende der Legislatur 2023 nicht zerbricht und wenn die rechten Parteien nicht über zwanzig Prozent hinauswachsen, dann haben die Sozialdemokraten und die bürgerlichen Parteien die Chance, weitere absolut notwendige Reformen durchzusetzen.
Ob Mario Draghi bei den nächsten Parlamentswahlen kandidiert, steht noch nicht fest.