Es geht um die sogenannte Dienstpflicht, die alle jungen Menschen für ein Jahr verpflichten soll, in sozialen Einrichtungen oder in der Bundeswehr zu „dienen“. Es war zu erwarten, dass dieser Vorschlag eine Menge an Gegenargumenten und Polemik hervorruft; ein Beispiel:
- Die FAZ stellt vor allem in den Vordegrund, dass wir dringend mehr Ärzte, Lehrer und Maurer brauchen und die Dienstpflicht den Beginn der Ausbildung nur verzögert. Zitat: „Es wäre im ökonomischen Sinn ineffizient und im gesellschaftlichen Sinn ein Verlust, wenn man sie statt der Ausbildung mttelmäßig motiviert Aufgaben erledigen ließe, die sie sich freiwillig nie ausgesucht hätten. Die widersinnige Idee von der Dienstpflicht, die jetzt in der Union die Runde macht – sie wäre nicht mal eine inhaltliche Neuerung. Junge Leute arbeiten in der Feuerwehr oder im Tierschutzverein mit oder sie organisieren Demontrationen für mehr Klimaschutz. Dass die junge Generation unengagiert wäre, kann ihr wirklich niemand vorwerfen. Durch die Dienstpflicht entgehen dem Staat Steuereinnahmen, die er z.B. für die Altenpflege braucht.“
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Menschen, die an sozialen Brennpunkten ihren Dienst verrichten, s e l b s t am meisten davon profitieren !! Frédéric Schwilden beschreibt das wunderbar in der WELT: „Mein Zivildienst in einem Berliner Kindergarten war eine der schönsten und wichtigsten Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich habe die Kinder gewickelt, sie getröstet, wenn sie geweint haben und Knie gepustet, wenn sie hingefallen sind. Ich war 20 und wollte damals Rockstar werden. Ich wollte unabhängig und wild sein. Was ich aber gelernt habe ist: Verantwortung zu übernehmen ist das Beste, was es gibt. Ich habe gelernt, Kinder zu lieben; davor dachte ich, nie Kinder haben zu wollen. In einer Zeit, in der Menschen unendliche Freiheit genießen können, sind neun Monate der Gemeinschaft dienender Zwang die seltene Möglichkeit, Demut zu erlernen. Das muss nicht im Kindergarten sein. Meine Frau hat ein freiwilliges soziales Jahr in einer Förderschule für Behinderte absolviert. Ein Freund hat in einem Altenheim Menschen die Haare gekämmt. Ein anderer hat in der Psychiatrie gearbeitet.“
Neulich berichtete ein Arzt von „Ärzte ohne Grenzen“ über seine Arbeit in Afrika: „Ich kann gar nicht beschreiben, wie mich diese Arbeit mit schwer kranken, verletzten oder traumatiserten m i t t e l l o s e n Menschen verändert hat. Ich bin ein anderer Mensch geworden.“
Hin und wieder setze ich den Pfadfinder-Spruch „Der Starke beschützt den Schwachen“ in die Praxis um und jedes mal macht es mich glücklich. So wird es jedem Menschen gehen, der über die Dienstpflicht „Nächstenliebe“ praktizieren kann. Und weil die Mehrheit der jungen Leute keinen Bock auf Sozialdienste hat und 30 Stunden im Schnitt pro Woche im Internet abhängt und aus vielen anderen Gründen müssen wir sie in deren Interesse mit der Dienstpflicht dazu zwingen, ihr Leben zu bereichern.