Ethik

= „Ethischer Realismus statt universalistischer Moralismus !!   Der Westen muss sich von der Phantasie verabschieden, daß er fremden Kulturen seine Vision vom besseren Leben nahebringen kann !  Die Demokratisierungsbemühungen und Interventionen des Westens haben in der islamischen Welt von Afghanistan über den Irak bis Lybien niederschmetternde Ergebnisse hervorgebracht.  Eifernde Medienintellektuelle werden nicht müde, militärische Unterstützung für die „aufständischen Rebellen“ in Syrien zu fordern. Die religiösen Minderheiten kämpfen für das Assad-Regime, weil sie nach dem Sieg der Islamisten nichts anderes als Massakrierung oder Vertreibung zu erwarten haben.

Fremde Kulturen sind uns deshalb fremd, weil wir sie nicht verstehen.  Solange der Westen diese wesenhafte Fremdheit nicht akzeptiert, schadet er seiner Position in der neuen multipolaren Weltordnung, die weder den ideellen noch den strukturellen Universalismus des Westens zu akzeptieren bereit ist.

Für eine Realpolitik der Kulturen ist sowohl die Abkehr vom politischen Universalismus des Westens als auch vom religiösen Universalismus des Islam erforderlich.  Statt um Einmischung geht es um Distanz, statt um Interkulturalismus um eine Beschränkung auf Handel und technologischen Wandel.

Der universalistische Moralismus des Westens muss durch einen ethischen Realismus ersetzt werden. Dieser umfasst Verhaltensregeln wie Vorsicht, Demut gegenüber Unabänderlichkeiten, Studium der Kulturen, Verantwortung gegenüber den Folgen und Akzeptanz der Werteordnungen fremder Kulturen.  Der Westen kann sich nur behaupten, wenn er nach innen unterscheiden lernt, was zu tolerieren und was nicht zu tolerieren ist, und nach außen, was zu ändern und was nicht zu ändern ist. Er muss unterscheiden, was verallgemeinerbar ist und was partikular bleiben soll.  (Heinz Theisen – Professor Katholische Hochschule Köln  –  FAZ)

=  Nächstenliebe.  Das Buch von Erich Fromm („Die Kunst des Liebens“) aus dem Jahr 1956 hat nichts an Aktualität eingebüßt. Für ihn beinhaltet die Nächstenliebe nicht zuletzt, den Fremden als gleichberechtigten Bruder willkommen zu heißen. „Die Liebe, die allen Arten der Liebe zugrunde liegt, ist die Nächstenliebe. Damit meine ich das Gefühl der Verantwortung, der Fürsorge, des Respekts und des Wissens gegenüber allen anderen menschlichen Wesen, also den Wunsch, das Leben des anderen zu fördern. Das ist auch jene Art von Liebe, von der die Bibel sagt:  Liebe deinen Nächsten wie dich selbst !  Die Nächstenliebe ist Liebe zu allen menschlichen Wesen; charakteristisch für sie ist das Fehlen der Ausschließlichkeit.  Wenn ich die Fähigkeit des Liebens entwickelt habe, kann ich nicht umhin, meinen Nächsten zu lieben. In der Nächstenliebe liegt das Erlebnis der Vereinigung mit allen Menschen, das Erlebnis der menschlichen Solidarität und der menschlichen Einheit.

=  Nur ein Vogelschiss:  Ludwig Holleis ist ein freundlicher und lebenslustiger Mann gewesen, so hat es seine Nichte dem Münchner Stadtarchiv erzählt. Viel mehr ist über den gebürtigen Rosenheimer nicht bekannt.  1897 als siebtes Kind in eine Bäckerfamilie geboren, lernte Holleis den Beruf des Ankerwicklers und Elektromaschinenbauers. Später wohnte er mit seiner verwitweten Mutter und der Familie seines Bruders Andreas in Sendling in der Daiserstr. 45.  Dort wurde er am 7. Janaur 1944 verhaftet. Dabei ging es der Gestapo eigentlich um seine Schwester. Diese, Emma Hutzelmann, hatte mit ihrem Mann Hans und Gleichgesinnten die „Antinazistische deutsche Volksfront“ gegründet und sowjetische Kriegsgefangene unterstützt. Im Frühjahr hob die Gestapo die Gruppe aus.  Was Holleis vom Widerstand seiner Schwester wusste, ist unklar. Doch Emma hatte in der Küche an der Daiserstraße eine Blechkassette versteckt, deren Inhalt Ludwig nach Emmas Verhaftung mit einer anderen Schwester vernichtete. Die Gestapo folterte Holleis, um Informationen aus ihm herauszupressen. Am 29. März 1944 starb er an den Folgen. Die Stele für Holleis wurde am 27. Juli um 15 Uhr enthüllt.  (Süddeutsche Zeitung)