Feinde der Demokratie

„Wenn etwas nicht funktioniert oder nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen, dann, so glauben wir, hat jemand  –  die Eltern, die Gesellschaft, die Politik, der Staat  –  seine Aufgabe nicht richtig erledigt, weshalb er, bitte schön, für Ersatz sorgen müsse.  Der Gedanke, daß   w  i  r    die Gesellschaft sind, daß die Demokratie nicht nur eine Angelegenheit der Politiker, sondern auch der Bürger ist, scheint immer mehr auf dem Rückzug zu sein.“  (Michael Widerstein)

Was ist los in unserem Land ?  Überall herrscht dieses diffuse Gefühl der Angst vor Veränderung und Verschlechterung der eigenen recht guten Lebensverhältnisse, gerade bei Leuten, die es eigentlich geschafft haben (Arbeit, Haus, Familie, zweimal Urlaub).   Um Empathie, Mitgefühl und Anteilnahme im täglichen Miteinander steht es nicht gut; das gesellschaftliche Klima wird kälter, der Ton aggressiver. Der Populimus blüht. Die Hemmschwelle sinkt. Der schiere Hass vieler Kommentare im Internet verschlägt einem die Sprache.  Die Zeiten sind friedlich, aber die Ängste sind groß.

„Die Wurzeln des Fanatismus liegt darin, daß man eine Haltung mit kompromissloser Selbstgerechtigkeit vertritt – jener Selbstgerechtigkeit, die der Fluch so vieler Jahrhunderte war.“ (Amos Oz)

Die Flucht vor Politik ist besonders gefährlich für die Demokratie. Die Demokratie ist etwas, das ständiger Pflege bedarf, wie ein Auto. Von Autos verstehen wir Deutsche viel; wir wissen, was Bremsbeläge sind, wir bringen das Auto pünktlich zur Inspektion und wir halten es sauber. Von der parlamentarischen Demokratie wissen wir wenig; wir belassen es bei Pauschalkritik und Verleumdung der Politiker. Die Mehrheit unserer Bürger verstehen nicht einmal unser Wahlsystem mit Erst- und Zweistimmen, die demokratischen Parteien haben mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder verloren und in manchen Kommunen wird es schwierig, Kandidaten für die Wahlen zu finden.  Über fünfzig Prozent der Wahlberechtigten, also über 30 Millionen unserer lieben Mitbürger wählen nicht oder sie wählen radikale Parteien wie die AfD oder die Linke.

B. Brecht:  „Vierzig Jahre unter den Menschen haben mich ständig gelehrt, daß sie der Vernunft nicht zugänglich sind.  Zeige ihnen einen roten Kometenschweif, jage ihnen dumpfe Ängste ein, und sie werden aus ihren Häusern laufen und sich die Beine brechen.“

Hannah Arendt:  „Das Politische wurde im 20. Jahrhundert gleich zweimal an den Rand des Untergangs gedrängt.  Einmal durch den totalitären Faschismus und Kommunismus und einmal durch die Existenz der Atombombe, die in der Lage ist, die ganze Menschheit zu vernichten.  Das Glück im Winkel, auch im Winkel der Konsumgesellschaft, hat die Freude am Politischen fast vollständig erdrückt.  Nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts ist der Wunsch populär, die Menschen mögen die Politik auf irgendeine Weise abschaffen.“

Karl Popper:  „Hören die Menschen auf, für eine offene Gesellschaft zu kämpfen, ist es mit allem vorbei: mit der Freiheit, mit der Demokratie und mit der Marktwirtschaft.“

Wer war zuerst da  –  die Henne oder das Huhn ?  Haben die Medien mit ihrer antipolitischen Hetze die Wutbürger gezeugt oder mussten die Medien aus wirtschaftlichen Gründen das Geschäftsprinzip „Bad News are good News“ reaktivieren, um die Wutbürger nicht als Kunden zu verlieren ?  Fakt ist eine Diffamierung der Politiker oder der Politik auf Primitiv-Niveau; Beispiele:

  •  Leserbrief FAZ:  Minister Schäuble erinnert an Walter Ulbricht.
  •  Grönemeyer:  Politiker lügen doch alle.
  •  Ochsenknecht:  Politik ist ein Scheißgeschäft.
  •  Mai 2014/Titelseite Focus-Money:  „In 10 Jahren ist ihr Vermögen weg. Die Wahrheit hinter den Kulissen der Schuldenkrise. Die Regierungsparteien planen derzeit: Immobilienabgabe, Vermögenssteuer, Enteignung.“  (Diese Behauptungen waren natürlich erstunken und erlogen)
  • „Die Anleger müssen sich 2017 auf einiges gefasst machen: Notenbanker und unberechenbare Politiker bedrohen unsere Zukunft.“  (FAZ a.S.)
  • „Viele Kulturen ekeln sich vor Kot und schmierigen Politikern.“  (Zitat S.Z.)
  • Riesenschlagzeile Titelseite ZEIT:  „Das Schweigen der Politik.  Das große Insektensterben und warum die Politik nichts tut.“
  • Riesenschlagzeile Titelseite SPIEGEL:  „Aufstand der Wutbürger.  Ihr da oben belügt uns doch alle.“
  • „Ich halte Andrea Nahles für einen der leichtsinnigsten und gefährlichsten Politiker.“  (Horst von Buttlar, Chefredaktuer Capital)
  • Der Star-Journalist Jörges schleimt sich so bei seinen Lesern ein:  „Deutschland wird freihändig regiert – an Parlament und Parteien vorbei. Deshalb gehört die Rückeroberung der Demokratie ganz oben auf die Agenda.“
  • „Während den Angestellten die Renten gekürzt werden, kommen die Beamten ungeschoren davon. Kein Wunder: Politiker schonen sich selbst.“  (FAZ a.S.)
  • Süddeutsche Zeitung vor der Bundestagswahl: „Nach der Wahl kommt der Stellenabbau. Experten erwarten Entlassungen.“
  • Süddeutsche Zeitung:  „Kleiner Mann, was nun ?  Der Beruf des Politikers war einmal eine geschätzte Profession. Er handelte von Leidenschaft, Gemeinsinn und dem Bohren dicker Bretter. Heute dealt das politische Personal mit Sponsoren, lädt Geschäftspartner auf Dienstreisen ein und eröffnet feierlich das Teilstück einer Landstraße.“
  • „Wir sind Komplizen !  De Maizière ist politisch verantwortlich für den massenhaften Tod im Mittelmeer.“   (Dieser widerliche Artikel erschien in der ZEIT)
  • „Das Verhalten eines eigentlich zurechnungsfähigen Menschen kann unter körperlichen Beschwerden pathologische Züge annehmen.  Die Welt der Politik ist wohl voll von solchen Versehrten.“  (Der SPIEGEL führt seit Jahrzehnten eine antipolitische Hetzkampagne)
  • Der Star-Journalist Hajo Schumacher, Dauergast in den Talk-Shows, schreibt in der WELT a.S.  Schlagzeile:  „Zu dumm für Politik.  Warum präsentieren sich unsere Volksvertreter als Schnäppchenjäger, Führungsversager und Lachnummern. Wenn Moral als Leitgedanke ausfällt, braucht es wenigstens pragmatisches Geschick.“  (Ausgerechnet dieser Herr nimmt das Wort Moral in den Mund. Ich wette, daß Schumacher morgen für die Nazis schreibt, wenn die gut bezahlen)

Die  „Wir-sind-das-Volk“ – Vertreter sind keineswegs nur Menschen aus den unteren sozialen Schichten; es gibt zahlreiche Akademiker, die sich  (manchmal sogar in lateinischer Sprache) unter das Niveau von Hajo Schumacher begeben:

  • Herr Dr. Rümmler aus Bad Soden:  „Quo usque tandem abutere, fractiones Germaniae, patientia nostra ?  Es ist die Egonzentrik der Parteien, die dem deutschen Wähler ein Gefühl der Machtlosigkeit vermittelt. Mehr als eine halbe Milliarde kostet den Steuerzahler die aufgeblähte Summe der Abgeordneten, die sich nicht zu schade waren, im Schweinsgalopp die Diäten zu erhöhen.“  (Leserbrief FAZ)
  •  „Für den sich abzeichnenden Niedergang des liberalen Westens ist das Unvermögen der politischen Führung des Westens verantwortlich.“  (Professor und Direktor Th. Mayer FAZ)
  • Absurdistan:  Professor Doktor Raffelhüschen schätzt die Kosten für das Merkelsche „Wir-schaffen-das-Projekt“ auf 900 bis 1500 Milliarden Euro.  Kommentar:  Ein anderer Wissenschaftler hat ermittelt, daß auf die Sicht von 20 Jahren ein Gewinn für die deutsche Gesellschaft entsteht, weil hunderttausende Flüchtlinge einen Job haben, in die Sozialkassen einzahlen und vor allem jene Stellen besetzen, die kein Deutscher übernehmen will.
  • Auf noch tieferem Niveau ein Professor Dieter Prokop:  „Heute ist die Forderung nach Rechtssicherheit und Rechtsverbindlichkeit eine hilflose Angelegenheit, weil Finanzwirtschaft und Politik ein Pokerspiel geworden sind und weil in der EU die eigenen Verträge nicht eingehalten werden.“
  •   „Kein ordentlicher, bodenständiger, intelligenter Mensch will sich in der Politik engagieren“  –  diesen demaskierenden Satz hat ebenfalls ein Akademiker geschrieben.  Ich würde antworten: „Wenn ihr euch nicht für euer Land einsetzen wollt, dann haltet wenigstens die Klappe und hört auf, zu hetzen.“
  • „Da soll wieder mal die Mitleidskarte gezogen werden. Per Familienzusammenführung einen Zugang zu den deutschen Sozialfleischtöpfen. Mein Vorschlag:  Aussetzung der Zusammenführung auf die nächsten hundert Jahre.“  Dieser FAZ-Leserbrief stammt von Herrn Horst Stöffler aus Neuwied.
  • „Fast 90 Prozent machen Politiker verantwortlich für steigende Gesundheitskosten.“
  • Süddeutsche Zeitung auf der Titelseite:  „Zum Heulen. Ein Flüchtlingskind weint, die Kanzlerin will Mitgefühl zeigen.“  Dann zitiert die S.Z.  Kommentare aus dem Internet:  „Eine gefühlskalte Bundeskanzlerin will Probleme einfach wegstreicheln.  Merkel streichelt demnächst auch Altersarmut, Diskriminierung, Jugendarbeitslosigkeit und Krebs weg.“  Weiter die S.Z.: „Merkel wirkte so hilflos und kalt wie Wolfgang Schäuble angesichts der weinenden griechischen Rentner.“  Kommentar:  Brechreiz.

Man muss feststellen, daß unsere von den Parteien getragene parlamentarische Demokratie von großern Teilen des deutschen Volkes im Stich gelassen wird;  viele Mitbürger stänkern und hetzen oder interessieren sich nur noch für ihr Auto und ihren Urlaub.  Die Hauptgründe für diese Politik-Abstinenz sind ein Mangel an politischer Bildung, die Alltags-Frustration und natürlich die notorische Diffamierung von Politikern durch Medien und intellektuelle Selbstdarsteller.  „Es kann das Volk sein eigener Tyrann sein, und es ist es oft gewesen.“ (Ludwig Börne)  Und das alles vor dem Hintergrund,  daß unser Land in vielfacher Hinsicht besser dasteht denn je. Im nächsten Kapitel zu diesem Thema geht es ausschließlich um Erfolgsmeldungen.