Unter diesem Titel schreibt Rolf Cremer (Professor und Vizepräsident der China Europe International Business School in Schanghai) in der NZZ: „Die EU möchte die Lage der Uiguren verbessern, indem sie Sanktionen über China verhängt. Das ist der falsche Weg. Die EU sollte Chinas Aufstieg als Bereicherung begreifen und konstruktive Arrangements mit dem Land fördern. Glaubt die EU wirklich, dass sich die Lage der Uiguren verbessert, wenn sie Sanktionen über China verhängt? Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Druck erzeugt Gegendruck. Richtig bleibt hingegen der Ansatz „Wandel durch Handel“.
Wer China wirklich kennt, weiss, dass sich das Land in den vergangenen vierzig Jahren epochal verändert hat – und zwar zum nachweislichen Nutzen seiner 1,4 Milliarden Menschen und der ganzen Welt. In chinesischen Megacitys ist das Leben kaum noch von dem in westlichen Metropolen zu unterscheiden. Die wirtschaftliche Armut der Mao-Zeit ist verschwunden. Das durchschnittliche Einkommen pro Kopf der Bevölkerung ist um mehr als das Hundertfache gestiegen.
Die Sanktionen führen nicht nur nicht zu Fortschritten für die Uiguren. Sie haben darüber hinaus negative wirtschaftliche Konsequenzen, auch in und für Europa. Dabei geht es nicht nur um Unternehmensprofite, wie es immer wieder abfällig von jenen unterstellt wird, die für sich in Anspruch nehmen, das einzig Gute hochzuhalten. Tatsächlich geht es um Millionen Arbeitsplätze und Einkommen und Versorgung in der EU.
Es verwundert, dass Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt für die EU keine oder kaum eine Rolle spielen. Warum fixiert man sich immer wieder auf China?
Der wirtschaftliche, politische und militärische Aufstieg Chinas ist insbesondere eine Herausforderung für die USA, nicht für die EU. Wir in der EU sollten Chinas Aufstieg als wirtschaftliche und kulturelle Bereicherung begreifen, so wie wir auch das Zusammenleben mit den USA positiv gestalten. Dass es dabei immer wieder zu wirtschaftlichen und politischen Konflikten kommt, bleibt nicht aus. Seit Jahrzehnten arrangieren wir uns mit den USA und ihren für uns manchmal schwierigen Positionen; man denke an den Irakkrieg, an Nord Stream 2 oder die mit der Iranpolitik der USA verbundenen Sanktionen gegen europäische Unternehmen. Im Gegensatz dazu sind die gegenwärtigen EU-Sanktionen nicht geeignet, um konstruktive Arrangements mit China zu fördern.“