Friedenssicherung im Zeitalter von Massenvernichtungswaffen und Wettrüsten

Hans Jochen Vogel (in der S.Z.): „Ich bin beunruhigt, weil wir heute mit mehreren Konfliktsituationen zwischen Atommächten oder mutmaßlichen Atommächten konfrontiert sind: Stichwort Iran, der Kaschmirkonflikt zwischen Indien und Pakistan, der andauernde Konflikt im Nahen Osten. Auch der Zollkrieg der USA mit China. Deswegen ist es umso wichtiger, der Vernunft Gehör zu verschaffen. Und diese Chance haben wir nur, wenn es eine Europäische Union gibt, die handlungsfähig ist und ihrer großen Verantwortung bei der Bewahrung des Friedens in der Welt gerecht wird.“

Michail Gorbatschow (in der WELT): „Im Rahmen der allegemeinen Verschlechterung der internationalen Beziehungen konnten unsere gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Deutschland natürlich nur leiden. Aber ich sehe, dass in letzter Zeit in Europa einige Politiker ernsthafter darüber nachdenken, dass Versuche, Russland zu isolieren, für alle schädlich sind. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung, die allen Parteien gerecht wird. Ich weiß, dass sie auch in Russland darüber nachdenken. Ich bin überzeugt, dass Deutschland einen wesentlichen Beitrag zu diesem Prozess leisten kann und sollte. Lassen Sie uns die heutigen Probleme und Herausforderungen analysieren und nach vorne schauen, nicht nach hinten. Wir müssen Massenvernichtungswaffen beseitigen und ein neues Wettrüsten verhindern. Das alles kann getan werden. Aber es geht nur gemeinsam und nur, wenn alle wirklich wollen.“

Es ist natürlich eine naive Illusion, die USA oder China oder Pakistan dazu aufzufordern, mit gutem Beispiel voranzugehen und ihre Atomwaffen zu vernichten. Jedes Land wird das davon abhängig machen, dass a l l e Länder gleichzeitig diese Vernichtung umsetzen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es dazu in den nächsten zwanzig Jahren kommt. Also muss die gegenseitige Abschreckung weiter funktionieren und vor allem muss die weitere Verbreitung von Atomwaffen (Beispiel Iran) unbedingt verhindert werden.

Die Ego-Wirtschaftspolitik von Herrn Trump beweist, dass der beste Weg zu einer Vertiefung der internationalen Friedenspolitik die Vertiefung der internationalen Handelsbeziehungen ist. Russland braucht Europa und die Welt, um sein Gas und Öl zu verkaufen. Europa braucht die Welt für den Export von Autos und Industriegütern. China braucht die sich in viele Länder erstreckende Seidenstraße, damit das Bruttosozialprodukt weiter stark wächst und damit alle Chinesen aus der Armut geholt werden können; das gilt für Indien, Malaysia, Indonesien, Philippinen u.v.a.m. – also für Milliarden Menschen, die jetzt schon auf dieser Erde leben und für die Milliarden, die noch hinzukommen und die alle das gleiche Ziel haben: Wohnung, Essen, Handy, Auto, Versorung mit Medikamenten usw. Über 40 afrikanische Staaten sind im Begriff, ein Freihandelsabkommen zu vereinbaren und ihre Wirtschaft anzukurbeln und die Asiaten zu kopieren – ebenso wie die Länder Südamerikas, die ihr gewaltiges wirtschaftliches Potenzial wegen innenpolitischer Probleme (Korruption !) nicht ausschöpfen.

Wenn über den Weg dieser vertieften internationalen Handelspolitik eine vertiefte Friedenspolitik reifen kann und wenn z.B. alle Atomwaffen unter Kontrolle der UNO vernichtet werden oder zumindest unter die Kontrolle der UNO gestellt werden, dann haben alle Länder die Chance, in Frieden miteinander zu leben, sich gegenseitig zu besuchen und kennenzulernen, miteinander Fußball zu spielen, noch mehr „Mischehen“ einzugehen und damit das Thema „Rassen“ zu entsorgen.

Vieles wird von den USA abhängen, die sich seit dem 2. Weltkrieg unter Missachtung des Völkerechts zu einer aggressiven Kriegsmacht entwickelt und als einziges Land der Welt bisher Atomwaffen eingesetzt haben und die in über hundert Ländern Militärstützpunkte unterhalten und deren Militäretat so groß ist wie jener der Länder China, Russland, Saudi-Arabien, Frankreich, England, Indien, Deutschland, Japan und Südkorea zusammen!!!!! Ich wünsche mir, dass Europa und die Weltgemeinschaft dabei hilft, die USA auf friedlichem Weg einzufangen. Auch die USA können mit ihren Wissenschaften und ihrer hochkompetenten Wirtschaft vom freien Welthandel profitieren.

Wenn die USA diesen Weg nicht mitgehen wollen, dann plädiere ich für den Austritt der europäischen Länder aus der NATO und für die Neugründung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft.

Und mein Herzenswunsch wäre ein für alle Zeiten funktionierendes friedliches Verhältnis der EU zu Russland und eine Freihandelszone von Wladiwostok bis Lissabon.