= Affentheater: Das öffentliche Geheule von Marc-Andrè ter Stegen über seine Reserverolle in der Nationalmannschaft hat vielfachen Schaden angerichtet. Torleute brauchen Ruhe und Selbstbewusstsein, um erfolgreich zu sein; deshalb sind öffentliche Diskussionen über ihre Qualitäten kontraproduktiv. Jeder Cheftrainer muss klar zeigen, wer seine Nr. Eins ist ! Und er muss das auch intern besprechen. Offensichtlich hat der Bundestrainer Löw das versäumt oder er hat keine Autorität mehr bei seinen Spielern. Jedenfalls hat ter Stegen sich und seinem Kollegen Neuer geschadet. So weit – so klar ! Aber dass sämtliche Medien den Fall benutzt haben, um ihre Sendungen und Seiten zu füllen, zeigt mal wieder, dass in Deutschland nichts los ist. Die WELT, die mit Fußball eigentlich nichts am Hut hat, füllt eine ganze Seite mit dem ter-Stegen-Thema und ein längerer Kommentar kam auch noch dazu; so war es mehr oder weniger in allen Medien. Und dann ging auch noch Uli Hoeneß auf die Barrikaden und reagierte sich mit lächerlichen Drohungen ab. Die Presse freute sich. (Was ist eigentlich mit Hoeneß los ? Nagt die Verrentung an ihm ? Bereut er seinen Entschluss zurückzutreten ? Oder musste er zurücktreten ? Nach seiner peinlichen Grundgesetz-Pressekonferenz mit dem bestenfalls durchschnittlich intelligenten Herrn Rummenigge hatte ich gehofft, dass Hoeneß sich besinnt).
= Im Fußball sind seriöse und kompetente Journalisten genau so selten wie in der Politik; manchmal richten diese Medien großen Schaden an oder vernichten sogar Existenzen. In der folgenden Geschichte von Matthias Paskowsky wird das beklemmend deutlich:
Ganz normale Lügen: Radiomoderator James OBrien predigte auf die Hörerschaft herunter. An diesem Morgen sprach OBrien von einem Mann, dessen ehemalige Verlobte und dessen zwei kleine Kinder aus der gemeinsamen Villa hatten ausziehen müssen, nachdem er sich von ihr getrennt hatte. Während sie nun mit den Kindern und einem gebrochenen Herzen in einer kleinen Wohnung lebt, führt er das Leben eines Junggesellen, reich an Ausschweifungen und frei von den Zwängen einer festen Bindung. Mit deutlichen Worten kommentierte der Moderator die so genannte Story über ein so genanntes Interview von so genannten Journalisten, die die Frau in einem Londoner Nachtclub befragt und um einige deutliche Worte erleichtert hatten. Auf Basis dieses Artikels schätzte OBrien den Mann nun als charakterschwach ein. Das Wort Abschaum ging über den Äther. Dann klingelte in der Redaktion von „LBC“ das Telefon. Der Anrufer war kein Verrückter, sondern der Mann, dessen Leben gerade öffentlich seziert worden war. Und am Ende des live übertragenen Telefonats zwischen James OBrien und Frank Lampard saß ersterer nicht mehr in exponierter Höhe, sondern kauerte – noch ohne es zu wissen – im Büßergewand auf einem klapprigen Angelstuhl vor einem Heer von Anklägern. Denn Frank Lampard machte seine Sache verdammt gut. Er informierte den Moderator nicht nur darüber, dass er drei Tage die Woche auf seine Kinder aufpasse und ihnen und ihrer Mutter gerade ein vernünftiges Haus herrichten lasse. Er fand dabei auch sehr deutliche Worte über die journalistischen Standards, die in England zu herrschen scheinen, und denen offenbar auch OBrien folgt. Bemerkenswert war nicht nur, was, sondern auch, wie er es sagte. Denn Lampard konfrontierte seinen Gesprächspartner erfrischend natürlich und direkt. Mit seiner temperamentvollen Verteidigung stillte er bei den Hörern nicht nur einen wachsenden Hunger nach Echtheit. Er traf mit seiner Kritik an der aggressiven Impertinenz des Boulevards offenbar ins Schwarze, wie das unübliche landesweite Lob für den Chelsea-Akteur zeigte. James OBrien kam nicht so gut dabei weg. Entschuldigen wollte er sich trotzdem nicht, als er danach gefragt wurde. Immerhin rang er sich Worte der Anerkennung für Lampard ab: „Er ist mehr Mann, als ich heute Morgen gedacht habe.“
Liebe Fußball-Fans: Sie können sich sicher noch an den Fußball-Profi Rolf „Eisenfuß“ Bollmann erinnern; der sagte über Journalisten: „Wenn die Leser wüssten, welche zum Teil widerlichen Figuren im Journalismus rumturnen und was für Taugenichtse Artikel schreiben, dann kämen bei ihnen einige Fragen auf. Selbst haben sie ihr Leben nicht im Griff, noch nie irgendwann, irgendwo für irgendetwas Verantwortung übernommen und erlauben sich mit primitiven Artikeln über Menschen zu urteilen, die sie nicht kennen und mit denen sie nie gesprochen haben.“