Fußball – Fetischist

Ich bin völlig verzweifelt !! Die Bundesligavereine können es sich aus finanziellen Gründen nicht leisten, in die neue Saison mit Geisterspielen zu beginnen. Also wird man sich auf einen späten Saisonstart einigen und der wird frühestens Ende September sein ! Drei Monate ohne Bundesligafußball – das geht nicht ! Das überleben wir nicht ! Oder wir landen im Gefängnis, weil wir wegen der Corona-Einsamkeit und der Fußball-Abstinenz gewalttätig geworden sind. Drogen kommen nicht in Frage und Frauengeschichten kann ich nicht riskieren, weil meine Gattin mir dann kündigen würde und ich ohne ihre Kochkünste verhungern müsste.

Ich schaue in mein Fußball-Archiv, um mich mit einigen alten Geschichten abzulenken. Aber wie der Teufel es will, gerate ich zuerst an all die erfundenen oder hochgepushten Football-Leaks-Storys. Millionen haben der SPIEGEL und andere Medien dafür ausgegeben, um Spielern, Beratern und Vereinen in Europa Geldwäsche, Korruption und Bestechung nachzuweisen; bewiesen wurde so gut wie nichts – also mussten die Herrschaften mit Viertelwahrheiten und unbewiesenen Verdächtigungen versuchen, ein paar Leser zu gewinnen. Das hört sich dann so an:

„Football Leaks. Für Profispieler und ihre Berater wird es nun ernst: Eine französische Spezialbehörde ermittelt wegen des Verdachts der Geldwäsche.“

„Die Lebenswelten von Berufsfußballern und ihren Fans driften immer weiter auseinander. Das SPIEGEL-Buch „Football Leaks“ ist erschienen, das wieder für Unruhe in der Profibranche sorgt.“

„Dass dieses System Profifußball krank ist, habe ich schon länger geahnt. Das es so schlimm ist, konnte ich mir nicht vorstellen.“

Die Süddeutsche Zeitung hat immer noch Magengeschwüre wegen der zu hohen Spielergehälter und fahndet unverdrossen seit zwanzig Jahren nach Beweisen für Doping im Fußball und die WELT hat doch tatsächlich einen leibhaftigen „Sport-Philosophen“ gefunden, der vor zwei Wochen eine ganze Seite mit seinem Müll füllte; z.B.: „Es geht beim modernen Fußball nicht mehr um ein Verständnis des Spiels, wie es etwa die alten Griechen noch hatten, nämlich das Spiel um des Spielens willen zu betreiben. Es geht fast nur noch um Gewinnmaximierung.“

An den Hoyzer-Skandal möchte ich kurz erinnern – es ging um Bestechung und Betrug. Damals war ich beim FCA, bei dem der sympatische Andre Hofschneider spielte. Hofschneider war von Berliner Zeitungen beschuldigt worden „in das Visier der Ermittlungen“ geraten zu sein und ließ sich von der Staatsanwaltschaft bestätigen, dass nicht gegen ihn ermitelt wurde (siehe folgenden Brief).

Spontan habe ich entschieden, diesen ganzen Schrott zu entsorgen und keine Leaks-Geschichten oder andere Märchen mehr zur Kenntnis zu nehmen. Dafür ist das Leben zu kurz. Deshalb noch ein paar positive Erinnerungen:

Während des Revierderbys 1969/1970 in Dortmund wurde der Schalker Friedel Rausch vom Schäferhund Rex gleich zweimal in den Allerwertesten gebissen. Dass Rausch weiterspielen konnte, hatte er einer vom Mannschaftsarzt mitleidslos verabreichten Tetanusspritze zu verdanken. Hinterher plagten Rausch nicht nur Schmerzen im Hintern, sondern auch die dämlichen Kommentare der Kollegen. Die so: „Stell dir vor, der Hund hätte dich vorne gebissen.“ Er so: „Dann hätte der Köter seine Zähne verloren.“

„Zum Glück ist die Mannschaft nach dem Spiel besser ins Spiel gekommen.“ (Andy Brehme)

Der Historiker Ian Kershaw hatte mit einer großen Kraftanstrengung seine 2000seitige Hitler-Biographie vollendet. „Wir haben Sie das nur durchgehalten?“ wurde er gefragt. Kershaw: „Um den Schlaf bringt es mich nur, wenn Manchester United verliert.“

Bundespräsident Steinmeier spielte ab 11 Jahren Fußball in den Jugendmannschaften seines Heimatortes Brakelsiek.

Für den Sternekoch Tim Raue war Fußball Fluchthilfe vor seinem gewalttätigen Vater.

Das Gefängnis in Uganda ist mit über 3000 Männern völlig überfüllt. Weil sie eine eigene Fußball-Liga organisiert haben, kommen die Männer fast gewaltfrei miteinander aus.

Neulich gehört: Liebe mich, wenn ich es am wenigsten verdiene, weil ich es dann am meisten brauche.

Auf den Fußball übertragen: Unterstütze mich, wenn ich erfolglos bin, weil ich es dann am meisten brauche.