Fußball – Journalismus

In Sachen Medien war ich völlig naiv, als ich vor 18 Jahren mein Amt als Präsident des Viertligisten F.C. Augsburg antrat. Über Fußball informiere ich mich seit Jahrzehnten im Kicker und das passt bis heute. Auch örtliche Tageszeitungen wie die Augsburger Allgemeine oder die Westfälischen Nachrichten versuchen nicht, sich über erlogene Geschichten oder negativistische Berichterstattung zu profilieren. Auch die FAZ und hier vor allem Christian Eichler und Roland Zorn berichten entspannt und mit Sympathie und kompetent über Fußball. Bei anderen überregionalen Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendern bin ich mit Inkompetenz, Arroganz und Verlogenheit konfrontiert worden.

Wie gesagt, ich war naiv: Ich sitze mit einigen Kollegen vom FCA beim Bier in fröhlicher Runde und ein Reporter fragt, ob er ein Bierchen mittrinken darf; er setzt sich dazu und hört unserem Geschwätz zu; wir lästern über Gott und die Welt und einen örtlichen Politiker. Der Reporter bedankt sich für das Bier und verabschiedet sich. Am nächsten Tag erscheint in einer großen Tageszeitung ein widerlicher Artikel unter dem Tenor „FCA-Präsident verleumdet bei seinem siebten Bier örtliche Politiker usw.“ Das war der Einstieg. Dann gab ich einem Journalisten, der sich Notizen machte, ein Interview, das am nächsten Tag erschien und in dem meine Aussagen völlig auf den Kopf gestellt waren. Also beschloss ich, Interview-Fragen nur noch schriftlich zu beantworten; daraufhin hat der Journalist einige Fragen und Antworten gestrichen, das Interview mit einem kurzen Kommentar verdreht und mit einer hässlichen Schlagzeile versehen. Danach habe ich nur noch Life-Interviews oder von mir schriftlich freigegebene Interviews gegeben; das führte dazu, dass ich von Interviewanfragen weitestgehend verschont blieb.

Ein anderes Beispiel: Wir hatten unsere Mitarbeiter und Profis angewiesen, in der Öffentlichkeit und in den Medien ausschließlich positive Kommentare abzugeben. Was passiert ? Reporter baggern die Ehefrauen der Spieler an, um irgendwelche Indiskretionen zu erfahren; bei einer haben sie Erfolg und bringen einen Schmierenartikel , der dazu führt, dass der Spieler vorübergehend auszieht.

Einmal war ich mit meiner Frau für ein paar Tage zum Wandern in den Bergen; beim Frühstück klingelte leider das Handy: Ein Journalist wollte mich zu den Stadionplänen befragen und fügte hinzu, seine Zeitung wolle am nächsten Tag einen großen Bericht zu dem Thema bringen; also habe ich meine Verärgerung unterdrückt und bereitwillig und ausführlich alle Fragen beantwortet. Nachdem in den nächsten zwei Wochen nichts zum Thema und Interview erschienen war, befragte ich dazu diesen Journalisten; seine verlogene Antwort: „Wir hatten leider keinen Platz für das Interview.“ Fakt ist, dass dieser Zeitung, die gegen die Stadionpläne stänkerte, meine Antworten nicht ins Konzept passten. So läuft das.

Ich bin überzeugt, dass 90 Prozent der Spieler und Manager und Trainer schlechte Erfahrungen mit Journalisten gemacht haben; ein paar Beispiele:

= „Schlecht, schlampig, schlagzeilengeil: Für wenige Tage sorgte die vermeintliche Verwicklung Bastian Schweinsteigers in den Wettskandal für aufgeregtes Rauschen im Blätterwald. Nicht wenige Blätter und TV-Kanäle transportierten die Verdächtigungen ungeprüft. Es war ein Rohrkrepierer der Münchner „tz“.

= Frage des Kicker an Stefan Kießling: „War das auch die Forderung von Rudi Völler, der wie zu lesen war, am Donnerstag ein Donnerwetter in der Kabine los ließ?“ Kießling: „Das habe auch ich gehört. Das Problem an der Sache: Völler war am Donnerstag überhaupt nicht in der Kabine, es gab keine Predigt, das ist alles gelogen.“

= Peter Pacult: „Dieses Schweinsblattl mit den erfundenen Geschichten kann man am besten mit aufs Häusl nehmen.“

= Der algerische Nationaltrainer Halilhodzic: „Über unser Team wurden Gerüchte und Lügen verbreitet, meine Familie wurde diffamiert.“

= Nationalspielerin Inka Grings in der FAZ: „Ich hatte damals Vorahnungen und gewisse Befürchtungen. Aber wenn es dann passiert, ist das eine Erfahrung, die man sich überhaupt nicht vorstellen kann. Ich habe damals mein Privatleben überhaupt nicht kommentiert, und ich musste dann feststellen, dass ich machtlos bin. Diese Journalisten haben einfach geschrieben, was sie wollen. Das war eine sehr unangenehme Erfahrung, die ich nicht noch einmal erleben möchte.“

= Die Süddeutsche Zeitung schreibt zum FCA: „Im Falle des Abstiegs werden beide (Rettig und Fach) ihren Job verlieren.“ Auch das ist eine Lüge – Rettig wäre auch bei Abstieg geblieben.

= Österreichs Boulevardblatt Kronenzeitung fälscht ein Transparent der Rapid-Fans, mit dem g e g e n Stadionverbote demonstriert wurde: Das Wort „gegen“ wird einfach aus dem Foto geschnitten und schon heißt es: „Fans für Stadionverbote“.

= Selbst die FAZ hat schon mal eine Formkrise und schreibt: „Beraten und verkauft. Wie korrupt ist die Bundesliga ? Es geht um Bestechung, Steuerhinterziehung, Untreue und Geldwäsche. Experten halten diffuse Transfers neben Spielabsprachen für die größte Gefahr im Fußball.“

= Süddeutsche Zeitung vor drei Jahren: „Der Fußballsport ist ein verrottetes Geschäft. Und die Leute fangen an, sich von ihm abzuwenden.“ Oder nochmal S.Z.: „Wie der Fußball zerfällt. In Salzburg sieht man schon heute, was aus unserem Lieblingssport mal werden wird.“ Lieblingssport ? Selten so gelacht.

= Da darf der „STERN“ nicht fehlen: Riesenschlagzeile: L e e r – Vor Beginn ihrer 41. Saison an diesem Wochenende steckt die Fußball-Bundesliga im Finanzchaos. Klubs fürchten die Pleite, Transfergelder sind verpfändet – doch kaum einer will den Ernst der Lage wahrhaben.“ Seit diesem STERN-Artiklel sind 16 Jahre vergangen ! Wo ist das Chaos ? Wo sind die Pleiten ? Wo sind die Pfändungen ? Auch die Fachzeitung „Handelsblatt“ macht mit: Riesenschlagzeile: „Finanzielle Engpässe. Die Bundesliga steckt in der Krise: Wegbrechende Einnahmen, kurzsichtiges Management, gewaltige Schulden.“ Nicht eine einzige dieser Behauptungen kommt der Wahheit nahe – also sind es Lügen.

Fortsetzung – auch zum Thema Doping-Behauptungen von Süddeutscher Zeitung und SPIEGEL – folgt.