Peter Hacks – Gründe der Liebe:
Warum muss es die sein, so hör ich euch fragen; ich muss kein Genie sein, um hierauf zu sagen:
Der Bund aller Bünde hat eherne Gründe. Ich liebe sie, und nun wisst ihr den Grund.
Sie hat schmale Lenden und sehr lange Beine; die Beine, sie enden ganz woanders als meine.
Sie hat keinen Bauch und winzige Brüste, und vieles fehlt auch, wo der Hintern sein müsste.
Sie hat just die Länge, die ich eben habe; wir gehen durch die Menge wie Knabe und Knabe.
Sie stiehlt mir das Hemde, sie nimmt keinen Puder; oft halten uns Fremde für Bruder und Bruder.
Sie ist so gescheit und trägt eine Brille; die Hälfte der Zeit vergisst sie die Pille.
Sie hat lila Schatten im goldenen Haare; sie hörnt ihren Gatten im siebenten Jahre.
Sie liest Marx in acht Bänden und Hegel und Heine; doch die Beine die enden ganz woanders als meine.
Wie heißt es bei Paul, geborenem Saul ? Habt ihr die Liebe nicht, ist schon was faul.
Peter Hacks – Tagtraum:
Ich möchte gern ein Holperstein in einer Pflasterstraße sein.
Ich stell mir vor, ich läge dort Jahrhunderte am selben Ort, und einer von den Kunsteunuchen aus Medien und Kritik käm beispielsweise Hacks besuchen und bräch sich das Genick.
Heinrich Heine – Epilog:
Unser Grab erwärmt der Ruhm. Torenworte ! Narrentum ! Eine beßre Wärme gibt eine Kuhmagd, die verliebt uns mit dicken Lippen küßt und beträchtlich riecht nach Mist.
Gleichfalls eine beßre Wärme wärmt dem Menschen die Gedärme, wenn er Glühwein trinkt und Punsch oder Grog nach Herzenswunsch in den niedrigsten Spelunken unter Dieben und Halunken, die dem Galgen sind entlaufen, aber leben, atmen, schnaufen, und beneidenswerter sind, als der Thetis großes Kind – Der Pelide sprach mit Recht:
Leben wie der ärmste Knecht in der Oberwelt ist besser, als im stygischen Gewässer Schattenführer sein, ein Heros, den besungen selbst Homeros.
Heinrich Heine – Buch der Lieder/Lyrisches Intermezzo:
Sie saßen und tranken am Teetisch, und sprachen von Liebe viel. Die Herren waren ästhetisch, die Damen von zartem Gefühl.
Die Liebe muss sein platonisch, der dürre Hofrat sprach. Die Hofrätin lächelt ironisch, und dennoch seufzte sie: Ach !
Der Domherr öffnet den Mund weit: Die Liebe sei nicht zu roh, sie schadet sonst der Gesundheit. Das Fräulein lispelt: Wie so ?
Die Gräfin spricht wehmütig: Die Liebe ist eine Passion ! Und präsentiert gütig die Tasse dem Herrn Baron.
Am Tische war noch ein Plätzchen; mein Liebchen, da hast du gefehlt. Du hättest so hübsch, mein Schätzchen, von deiner Liebe erzählt.
Walter Helmut Fritz – Nichts weiter:
Wie es einer gedacht hat, Sterben:
Sich drehn von der Seite der Erfahrung auf die
der Leere, ungeängstigt, ein Wechseln der Wange,
nichts weiter.