G e d i c h t e

= Johann Gottfried Herder: Ein Traum ist unser Leben

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben auf Erden hier.

Wie Schatten auf den Wogen schweben und schwinden wir.

Und messen unsere trägen Schritte nach Raum und Zeit; und sind (und wissens nicht) in Mitte der Ewigkeit.

= Andreas Gryphius: Betrachtung der Zeit

Mein sind die Jahre nicht die mir die Zeit genommen.

Mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen.

Der Augenblick ist mein und nehm´ ich den in acht so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.

= Kurt Tucholsky: Parc Monceau

Hier ist es hübsch. Hier kann ich ruhig träumen. Hier bin ich Mensch – und nicht nur Zivilist. Hier darf ich links gehn. Unter grünen Bäumen sagt keine Tafel, was verboten ist.

Ein dicker Kullerball liegt auf dem Rasen. Ein Vogel zupft an einem hellen Blatt. Ein kleiner Junge gräbt sich in der Nasen und freut sich, wenn er was gefunden hat.

Es prüfen vier Amerikanerinnen, ob Cook auch recht hat und hier Bäume stehn. Paris von außen und Paris von innen: sie sehen nichts und müssen alles sehn.

Die Kinder lärmen auf den bunten Steinen. Die Sonne scheint und glitzert auf ein Haus. Ich sitze still und lasse mich bescheinen und ruh von meinem Vaterlande aus.

= Hermann Hesse: Blauer Schmetterling

Flügelt ein kleiner blauer Falter vom Wind geweht, ein perlmutternder Schauer, glitzert, flimmert, vergeht.

So mit Augenblicksblinken, so im Vorüberwehn sah ich das Glück mir winken, glitzern, flimmern, vergehn.

= Johann Wolfgang Goethe: Erinnerung

Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.

Lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.