Gedichte

Marie Luise Kaschnitz

Die Mutigen wissen, daß sie nicht auferstehen,

daß kein Fleisch um sie wächst am jüngsten Morgen

daß sie nichts mehr erinnern, niemandem wiederbegegnen

daß nichts ihrer wartet

keine Seligkeit

keine Folter

ich bin nicht mutig.

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Heinrich Heine

Die alte Frau hat mich so lieb, und in den Briefen, die sie schrieb, seh` ich, wie ihre Hand gezittert, wie tief das Mutterherz erschüttert.

Die Mutter liegt mir stets im Sinn. Zwölf Jahre flossen hin, zwölf lange Jahre sind verflossen, seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.

Deutschland hat ewigen Bestand, es ist ein kerngesundes Land, mit seinen Eichen, seinen Linden, werd`ich es immer wiederfinden.

Nach Deutschland lechzt`ich nicht so sehr, wenn nicht die Mutter dorten wär`. Das Vaterland wird nie verderben, jedoch die alte Frau kann sterben.

Seit ich das Land verlassen hab`, so viele sanken dort ins Grab, die ich geliebt – wenn ich sie zähle, so will verbluten meine Seele.

Und zählen muss ich – mit der Zahl schwillt immer höher meine Qual, mir ist, als wälzten sich die Leichen auf meine Brust  –  Gottlob ! sie weichen.

Gottlob !  durch meine Fenster bricht französisch heitres Tageslicht.  Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen, und lächelt fort die deutschen Sorgen.