Experten zufolge wird Indien im Jahr 2050 das bevölkerungsreichste Land der Erde sein.
Indien ist mit einer Fläche von 3,3 Millionen Quadratkilometern das siebtgrößte Land der Erde. Mit 1,25 Milliarden Einwohnern schickt sich der Subkontinent an, den Nachbarn China (1,3 Milliarden) als bevölkerungsreichste Nation zu überholen, laut Schätzungen bereits zur Hundertjahresfeier 2047. In Indien wohnen allerdings bereits jetzt 370 Menschen auf einem Quadratkilometer, nahezu dreimal so viele wie in der Volksrepublik China.
Indien, dessen Name sich vom Fluss Indus ableitet, gilt als größte Demokratie der Erde, Hauptstadt ist Neu-Delhi. Geburtsstunde der Republik Indien war der 15. August 1947, an dem die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich besiegelt wurde, knapp 200 Jahre nachdem die Ostindien-Kompanie weite Teile des Subkontinents kolonisiert hatte.
Regierungschef ist seit Mai 2014 Narendra Modi von der rechtskonservativen Indischen Volkspartei. Er löste 2014 nach zehn Jahren Manmohan Singh ab, den ersten Nichthindu an der Spitze Indiens. Die bekanntesten Politiker sind der erste Ministerpräsident Jawaharlal Nehru (1947-62) und seine Tochter Indira Gandhi, die zweimal Regierungschefin war (1966-77 und 1980-84). Die Nehru-Gandhi-Familie kämpfte an der Seite von Mahatma Gandhi für die Unabhängigkeit, ist aber nicht mit ihm verwandt. Sowohl Mahatma als auch Indira Gandhi starben durch Attentate.
Die Atommacht löst ihre Nachbarschaftskonflikte mit China, Bangladesch und Pakistan, die seit der Staatsgründung zu fünf Kriegen geführt haben, mittlerweile größtenteils diplomatisch.
Wer sich als Besucher in der Landessprache verständigen will, hat eine Lebensaufgabe vor sich: Neben den Hauptsprachen Hindi und Englisch sind in der Verfassung weitere 21 anerkannt. Insgesamt geht der indische Staat von rund 120 Sprachen aus, eine linguistische Studie aus dem Jahr 2013 kam auf knapp 800. Die wichtigste Religion ist der Hinduismus mit 80 Prozent, 13 Prozent sind Muslime und 2,3 Christen. Dazu kommen Sikhs, Buddhisten, Jainas und Parsen.
Dass Indien auch als Heimat der Gewürzmischung „Curry“ bekannt ist, kommt nicht von ungefähr: Das Land hat die zweitgrößte Anbaufläche der Erde und ist international führend bei der Produktion von Gewürzen. Wichtige landwirtschaftliche Produkte sind darüber hinaus Reis, Hülsenfrüchte und Tee. Der weltweit höchste Bestand an Rindern sorgt für einen stolzen Milchausstoß (Rang drei nach der EU und den USA).
Mit Bodenschätzen wie Chrom, Eisen und Bauxit ist Indien einer der größten Stahlproduzenten der Welt. IT-Anbieter im indischen Silicon Valley bei Bangalore sind ein wichtiger Faktor des heimischen Dienstleistungssektors, der über die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Indische Computerexperten sind begehrt in der ganzen Welt.
Das Land, dessen Wirtschaftswachstum 2014/15 bei 7,4% lag, ist die viertgrößte Wirtschaftsmacht hinter den USA, China und Japan und wird Letzteres voraussichtlich Mitte des Jahrhunderts hinter sich lassen. Und doch gelingt es Indien nicht einmal annähernd, alle seine Bürger zu ernähren. Laut dem Auswärtigen Amt leben etwa 30% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als täglich zwei US-Dollar zur Verfügung.
Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen steht Indien auf Platz 135 unter 187 Staaten. „Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika“, schreibt das Auswärtige Amt im März 2016.
Seit einigen Jahren ist Indien vor allem wegen der Gewalt gegen Frauen in den Schlagzeilen der westlichen Medien. Laut dem indischen Innenministerium wird in dem Vielvölkerstaat alle zwanzig Minuten eine Frau vergewaltigt. Ein weiteres Problem ist das Erstarken des Hindunationalismus, der sich vor allem gegen Muslime richtet. Im von Modi regierten Bundesstaat Gujarat kamen im Jahr 2002 bei Ausschreitungen zweitausend Muslime ums Leben. Auch das Kastensystem, das sich vornehmlich auf Arbeitsteilung und Heirat auswirkt, ist ein Hemmschuh auf Indiens Weg in die Moderne.
In den knapp 70 Jahren ihres Bestehens hat die Republik Indien eine gewaltige Entwicklung durchgemacht – an der bislang freilich nur eine Minderheit teilhat. Die Überwindung der obengenannten Probleme kann nur gelingen, wenn alle Bürger Indiens mitwirken und mitprofitieren. So lange weite Teile der Bevölkerung wegen ihrem Geschlecht, ihrer Religion, oder ihrer Kaste von Bildung und sozialem Aufstieg ausgeschlossen sind, wird aller wirtschaftlicher Teilerfolg nur Stückwerk bleiben und den gesellschaftlichen Frieden gefährden. Mit einer Einbeziehung sämtlicher Kräfte könnte Indien nicht nur eine moderne Wirtschaftsmacht, sondern auch ein Paradebeispiel für einen funktionierenden Vielvölkerstaat werden.