Karl Marx

Dem Philosophen Marx Respekt zu zollen, ist wohlfeil. Keiner von denen, die das tun, hat ihn persönlich kennengelernt. Vermutlich war er ein höflicher Mensch, ein Kind seiner Zeit eben.

Leider war er ein übler Antisemit von Wagnerschem Format. Zeitlebens war er pleite, mit Geld konnte er nicht umgehen, wie Richard Wagner. Aber jene, die den Weltkomponisten Wagner zu den geistigen Wegbereitern der Nazis zählen, tun so, als habe Karl Marx die Lösung der Menschheitsprobleme gefunden und mit den Leichenbergen des Kommunismus (Stalin, Pol Pot, Mao, mindestens 80 Millionen Ermordete) nichts zu tun. Er – ein mittelmäßiger Philosoph, mit Kant, Schopenhauer oder Sokrates nicht zu vergleichen – formulierte Ideen, die allesamt in der Realität gescheitert und von der Geschichte überholt sind. Beispiel? Nordkorea heute: gelebter Marx. Elend, Hunger, Tote. Südkorea heute: gelebter Markt. Wohlstand, Freiheit, Leben. Die Chinesen, denen es qua Kapitalismus immer besser geht, graben ihn nur noch zu Festtagen aus – Kosmetik an der Leiche. Auch Putin hat ihn geistig längst beerdigt.

Das Marxsche Experiment ist überall gescheitert. Immer wieder. Zurzeit scheitert es in Venezuela, Kuba, Nicaragua. Aber die Dummheit stirbt zuletzt, besonders in den Köpfen der einschlägigen Kaffeehausintelligenz. Einstein war klüger: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Hans-Hermann Tiedje
Euro am Sonntag