Der ehemalige Bild-Chef Tiedje schreibt eine wöchentliche Kolumne in „Euro am Sonntag“ und schlägt in unsachlicher, polemischer und manchmal hetzerischer Manier auf seine Lieblingsfeinde ein: Angela Merkel, die Politiker, alle linksliberalen und linken Überzeugungen und vor allem auf die Befürworter von Immigration. Konstruktive Kritik habe ich bei Herrn Tiedje immer vermisst. Deshalb war es überraschend, eine positive und erhellende Kritik über das Buch „Die Chinesen“ von Stefan Baron und Guangyan Yin-Baron zu lesen. Ich zitiere:
- „China ist nicht unser Feind. Die KPCh ist weniger eine kommunistische als eine patriotische Partei. Ihr Marxismus ist Popanz.“
- „China strebt nach alter Größe, aber ohne Krieg.“
- „Die Chinesen verspüren (im Gegensatz zu den Amerikanern) kein Sendungsbewusstsein, sie sind nicht kriegerisch, aber traditionell defensiv (Große Mauer). Die allermeisten sind nicht religiös. Sie sind realistisch, pragmatisch, flexibel, nutzorientiert, sie denken ganzheitlich und bevorzugen Kompromosse.“
- „Chinesen denken nicht kollektivistisch. Die Familie steht über allem, für sie ist fast alles erlaubt. Und Ausländer haben große Vorteile, wenn sie Chinas Kultur kennen. Das schätzen die Chinesen.“
- „Das Buch ist ein Werk, das fröhlich macht!“
Ich kenne China ein wenig aus eigener Anschauung und weil ich alles lese, was mir objektiv erscheint; wenn der Buchautor mit seiner Einschätzung „traditionell defensiv“ richtig liegt, dann hat das gößte Auswirkungen auf die Zukunft unseres Erdballs, weil China in zwanzig bis dreißig Jahren die USA als Wirtschaftssupermacht abgelöst haben wird. Denn wirtschaftlicher Erfolg bei außenpolitischer und militärischer Zurückhaltung bedeutet, dass die anderen asiatischen Multi-Millionen-Einwohner-Länder (Indien, Pakistan, Indonesien, Malaysia incl. Japan, Australien) den gleichen Weg gehen können; das würde die ganze Welt wirtschaftlich und politisch weiterbringen.
Europa wird sich (hoffentlich) wirtschaftlich, militärisch und politisch von den USA unabhängiger machen, ohne die positiven Teile der Zusammenarbeit zu vernachlässigen.