Wer auf fremden Acker sät…

Leutnant zur See Karl Müller war vier Wochen zu Besuch auf dem Gut seines Onkels in Schleswig-Holstein. Nachdem er wieder einige Monate auf See war, erhält er einen Brief seines Onkels:

Mein Lieber Neffe, du musst einen herrlichen Urlaub bei uns verlebt haben. Wie ich jetzt erfahre, hast du nicht nur deine Tante Josefine, meine Frau, deine vier Cousinen, meine Töchter, sondern auch das gesamte weibliche Personal geschwängert. Mir wird dadurch ein Schaden entstehen, den ich mit 5.000,- Euro fürs erste beziffere. Ich weiß, mein lieber Neffe, du bist ein Ehrenmann und wirst dem Gesetz getreu diesen Schaden regulieren, denn im preußischen Seerecht heißt es in Artikel 133, Abs.5, Buchstabe c: „Wer in fremden Gewässern fischt, ist für den dabei entstehenden Schaden haftbar.“ Ich erwarte die Überweisung der Summe und verbleibe mit herzlichen Grüßen – Dein getreuer Onkel Franz.

Darauf schrieb der Neffe:

Lieber Onkel Franz, ich bedanke mich nochmals herzlich für den schönen Urlaub auf deinem Hof. Es waren wirklich schöne Tage. Ich danke dir aber auch für deine gute Meinung über mich, nur muß ich dich leider darauf aufmerksam machen, daß deine Rechtsauffassung irrig und deine Forderung an mich nicht begründet ist. Ich befand mich während des Urlaubs nicht auf See, sondern an Land. Und nach dem preußischen Landrecht, Art. 1296, Abs. 3, gilt folgendes: „Wer auf fremden Acker sät, der geht seines Samens verlustig; die Frucht aber fällt dem Eigentümer zu.“ Mit herzlichen Grüßen an dich, Tante Josefine und meine vier Bäschen – Dein getreuer Neffe Karl.