Wer mit dem Rücken zur Wand steht

Zehn Jahre nach der Finanz- und Banken- und Eurokrise liegen die meisten Fakten auf dem Tisch. Zahlreiche Investment-Berater und Banken sind für ihre Betrügereien bestraft worden – in einigen wenigen Fällen mit Gefängnisstrafen – in vielen Fällen mit hohen Geldstrafen, die inzwischen insgesamt über 100 Milliarden Dollar liegen dürften.

In Europa stand der Euro wegen der hohen Verschuldung und der damit verbundenen extremen Zinsbelastng vor dem Aus. Damit wäre auch die Europäische Union kollabiert und die rechts- und linksradikalen Parteien hätten die Macht übernommen. Die Folgen kann sich jeder ausmalen.

Besonnene und kompetente Politiker und die EZB haben die richtigen Entscheidungen getroffen und uns gerettet. In Deutschland waren das damals Wolfgang Schäuble, Peer Steinbrück und Angela Merkel. Die drastische Senkung der Zinsen und der Aufkauf der Staatsanleihen durch die EZB hat die Zinslasten für die Euro-Länder enorm gesenkt; Deutschland hat bis heute weit über 100 Milliarden Euro an Zinsen gespart und ich schätze die Ersparnisse aller Euro-Länder auf mehrere hundert Milliarden Euro. Natürlich hat auch die Privatwirtschaft davon profitiert, die ihre Schulden günstig umschichten und ihre Investitionen rentabler finanzieren konnte.

Die besonders hoch verschuldeten Länder wie Portugal, Italien, Griechenland, Frankreich u.a. sind entgegen allen sogenannten Analysen und Voraussagen von ganzen Heerscharen von Pseudo-Experten (Volkswirte, Ökonomen, Professoren usw.) vor dem Ruin bewahrt worden – übrigens auch zum Nutzen der deutschen Exportwirtschaft.

Seit über zehn Jahren kündigen diese Experten hohe Inflationsraten an – bisher Fehlanzeige. Und der Gipfel der Dummheit und der Heuchelei ist das Gejammere um den deutschen Sparer, der wegen der Nullzinspolitik für seine Ersparnisse keine Zinsen erhält und nicht mehr für sein Alter vorsorgen kann. Der typische deutsche Sparer legt sein Geld aus „Sicherheitsgründen“ unter das Sofa und tauscht seine ersparten Deutsche Mark nicht in Euro (noch heute sollen Milliarden nicht umgetauscht sein) oder er bunkert seine Ersparnisse auf dem Girokonto oder er geht mal ins Risiko und fällt auf irgendwelche Teppichhändler rein.

Nach der vor wenigen Tagen getroffenen Entscheidung der EZB, die Zinsen niedrig zu lassen und die Anleihekäufe wieder aufzunehmen, kam wieder der seit Jahren bekannte Proteststurm auf – diesmal aber vor allem von den deutschen Banken und Verbänden; die hatten sich bisher aus guten Gründen mit Kritik an der EZB zurückgehalten. Ausgerechnet der Verband der Sparkassen und Volksbanken kritisiert und beschimpft die EZB, obwohl sie ihre Kunden über Jahrzehnte mit hohen Gebühren und Kleinstzinsen geschröpft und obwohl sie bis heute versäumt haben, neue Bank-Konzepte zu entwickeln. So sondert der Präsident des Bankenverbandes folgendes ab: „Die EZB erinnert an einen Autofahrer, der falsch in eine Sackgasse abgebogen ist und dennoch weiter Gas gibt.“ Und der Chef der fast Pleite gegangenen Deutschen Bank, die mit dem Rücken zur Wand steht und die tausende Kleinaktionäre um 90 Prozent ihres Aktienwertes und tausende Angestellte um ihren Job gebracht hat, dieser Herr Sewing erdreistet sich zu der Behauptung, dass die Marktwirtschaft wegen der EZB an Rückhalt verliert. Und zahlreiche Journalisten wollen auch mithalten und schreiben Schlagzeilen wie die NZZ: „Die Medizin der EZB ist zum Gift geworden.“

Es ist äußerst wahrscheinlich, dass die Zinsen über die nächsten fünf bis zehn Jahre niedrig bleiben; deshalb sollten sich die Deutschen endlich mit dem Aktien-Sparen anfreunden; schon ab 100 Euro monatlich macht ein Aktien-Sparplan Sinn – aber wegen der Gebühren nur bei einer Direktbank und nicht bei einer Volksbank und nur mit der Wahl seriöser und großer Unternehmen.