Jedes Jahr machen sich Millionen von Zugvögeln im Herbst auf die lange Reise zu ihren Überwinterungsgebieten in südlichen Regionen, um im folgenden Frühling zurückzukommen und zu brüten. Die dabei benötigte Zielgenauigkeit verdanken sie der Fähigkeit, das Erdmagnetfeld zur Orientierung nutzen zu können. Dabei scheint das Magnetfeld, wie Verhaltensversuche und biophysikalische Untersuchungen nahelegen, den normalen Seheindruck der Vögel zu verändern. Jetzt haben Wissenschaftler der Uni Oldenburg, der TU München sowie der Ruhr-Uni Bochum in einer Studie herausgefunden, dass Zugvögel offenbar das Magnetfeld der Erde buchstäblich sehen können.
Auf diese erstaunliche Sinnesleistung sind die Forscher zumindest bei der Gartengrasmücke gestoßen, einem Singvogel, der sich auf seiner etwa 10.000 Kilometer langen, meist nachts zurückgelegten Flugstrecke zwischen den hiesigen Sommerquartieren und den Winterregionen in Zentralafrika offenbar mit Hilfe eines regelrecht fotografischen Bildes des Magnetfelds orientiert.
Seit längerem ist bekannt, dass bestimmte Rezeptoren in der Netzhaut des Vogelauges und eine Region im Vorderhirn namens Cluster N bei der nächtlichen Orientierung besonders aktiv sind. Tagsüber dagegen sowie bei Abdeckung der Augen ist Cluster N inaktiv. Dies ließ vermuten, dass Cluster N und das Auge bei der Magnetorientierung miteinander kommunizieren. Die deutschen Wissenschaftler belegten nun in ihren Experimenten, dass die Zugvögel genau die gleichen Bereiche im Gehirn benutzen, die sie auch zum Sehen brauchen, um sich an den Magnetfeldern der Erde zu orientieren. (animal)