Wo bleibt die Entschuldigung?

Liebe Leser, haben Sie ein gutes Gedächtnis? Können Sie sich an den Beginn der Eurokrise und daran erinnern, wie ganze Heerscharen von Journalisten, Professoren, Volkswirten, Philosophen und anderen Wichtigtuern die Entscheidungen der EU kritisiert, verleumdet und in den Dreck gezogen haben? Und wie vor allem Wolfgang Schäuble und Angela Merkel als Nazis beschimpft und mit Hitler verglichen wurden, obwohl die relevanten Entscheidungen mit großer Mehrheit in Brüssel getroffen wurden?

Einige Beispiele von vielen:

  • Der Soziologe Streeck in der ZEIT: „Das Monstrum Währungsunion muss abgewickelt werden. Europa darf nicht auf dem Altar einer kapitalistischen Einheitswirtschaft- und Währung geopfert werden.“
  • Der sogenannte Finanzwissenschaftler Stefan Homburg in der S.Z.: „Der Euro wird zusammenbrechen.“ Homburg sieht Parallelen zu den Währungsreformen 1923 und 1948 in Deutschland. Bürger sollen auf hohe Inflation gefasst sein.
  • Der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei Jaroslaw Kaczynski: „Schwule, Deutsche, Kommunisten und Flüchtlinge sind Feinde meines Vaterlandes.“
  • Große Finanzzeitung auf der Titelseite am 1.8.2012: „In 18 Monaten ist der Euro kaputt!“
  • Griechische Zeitung „Demokratia“: Großes Foto von Schäuble mit Beil und der Schlagzeile: „Der Henker Europas – Schäuble ist verrückt geworden.“
  • SPIEGEL – Titelseite – Schlagzeile: „The German Übermacht“ und dazu ein montiertes Foto von Angela Merkel mit sieben Nazi-Wehrmachtsoffizieren und Hakenkreuz.
  • Das „Newspaper of the Year“ New Statesman zeigt Merkel auf der Titelseite mit nur einem Auge; das andere Auge ist ersetzt durch eine Pistole; dazu die Schlagzeile: „Europe`s most dangerous leader.“
  • Der deutsche Star-Philosoph Habermas hat die Bundesregierung wegen der Reformauflagen für Griechenland übel beschimpft. Wie heißt jener griechische Philosoph mit dem berühmten Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß“?
  • Herr Professor Henrik Enderlein von der Hertie School of Governance muss sehr gebildet sein; er sagte noch im März 2016: „Der Euro ist gescheitert und inhärent instabil.“
  • Handelsblatt: „Das dritte Hilfspaket für Griechenland ist erkennbar kein Hilfspaket, sondern eine Grabplatte.“
  • Nach dem gefundenen Kompromiss für weitere Griechenlandhilfen schimpfte der Grüne Bütikofer: „Der herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht und das ist das von Wolfgang Schäuble“ und sein Parteifreund Trittin nannte Deutschland den Zuchtmeister Europas.

Wie sehen im Sommer 2018 die Fakten aus?

  • Die größten Sorgenkinder waren Portugal und Griechenland; für beide Länder wurden mit Reformauflagen verbundene Hilfen als nutzlos, als rausgeschmissenes Geld und als Versklavung dieser Länder bezeichnet; ein Experten-Wissenschaftler sagte z.B. „Portugal fällt auf jeden Fall!!!“. Das krasse Gegenteil ist richtig: Portugal steht besser da, als vor der Krise! Zitat: „Heute zieht Portugal junge Kreative aus aller Welt an. Und wer die Heimat verlassen hat, um Arbeit zu finden, kehrt nun mit neuen Ideen zurück.“ Früher als vereinbart zahlte Portugal eine Kreditranche von 1,7 Milliarden Euro an den IWF zurück.
  • Griechenland erholt sich; die Wirtschaft wächst; die Prognosen sind optimistisch; 2016 wurde ein Haushaltsüberschuss erzielt. Dennoch bleibt die extrem hohe Verschuldung eine schwere Hypothek.
  • Die anderen gefährdeten Länder wie Irland und Spanien sind längst über dem Berg.

Ein ganz wesentlicher Faktor kommt bei der Euro-Krisen-Diskussion viel zu kurz: Durch die Zinspolitik der EZB werden alle Euroländer um eine Billion Euro – also tausend Milliarden – entlastet, weil alle für ihre teilweise hohen Schulden niedrigere Zinsen zahlen mussten und müssen; Italien hat davon am meisten profitiert. Deutschland spart deutlich über 100 Milliarden an Schuldzinsen.