Zur aktuellen Lage

= Wir Deutsche sehen uns zu kritisch – in der Welt sind wir beliebt! Viele Menschen treibt die Sorge um, dass Politiker mit totalitären Vorstellungen an Macht gewinnen. Deutschland wird als Gegenpol zu den USA unter Donald Trump gesehen und die „nüchterne“ Politik Angela Merkels wird gelobt: „Sie ist eine starke Persönlichkeit und zeigt Rückgrat“ heißt es in Kanada und in China nennt man sie eine „weibliche Ikone“. Die Flüchtlingskrise wird genannt, warum unser Land als „Verfechter westlicher Werte“ gesehen wird und ein Mexikaner ergänzt, damit habe Deutschland bewiesen, dass „die Unantastbarkeit der Würde keine leere Worthülse ist. Die Grenzöffnung hat Deutschland ein menschliches Antlitz“ gegeben. In Israel werden wir wegen unserer stabilen politischen Verhältnisse beneidet und in Serbien stellt ein Befragter fest: „Deutschland hat ein unglaubliches Verfassungsgericht, das sich fundiert mit gesellschaftlichen Entwicklungen beschäftigt und das Grundgesetz zukunftsorientiert auslegt“. Die deutsche Wirtschaft erfährt große Anerkennung und das duale Bildungssystem ist eine der Ursachen dafür, dass wir als eine der weltweit führenden Technologie-Nationen gesehen werden.

= Die von vielen Konkurrenten zum Teufel gewünschte „Seidenstraße“ ist ein riesiger Erfolg. Das Verkehrsaufkommen auf den Güterzugverbindungen mit China hat sich trotz Corona fast verdoppelt. Ein Drittel des gesamten Handelsvolumens zwischen China und Europa auf der Schiene läuft über den Duisburger Hafen. Die Seidenstraße ist keine Einbahnstraße, weil auch Güter von Europa nach China und in die anderen asiatischen Länder transportiert werden.

= Die in mehrfacher Hinsicht reaktionär/nationalkonservative polnische Regierung will zurück ins Mittelalter. Das vom polnischen Verfassungsgericht bestätigte Verbot der Abtreibung bringt die jüngeren Generationen auf die Barrikaden. Selbst nicht lebensfähige Babys sollen geboren und noch getauft werden bevor sie begraben werden. Jaroslaw Kaczynski ist Chef der Regierungspartei PiS und will vor allem die polnische Kirche und die polnische Geschichte verteidigen. Polen ist ein Beispiel dafür, dass die DNA der Europäischen Union noch verpflanzt werden muss.

= Lange nichts mehr von der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar gehört und auch nichts davon, wie es denn diesem alle humanen Rechtsnormen brechenden Land gelungen ist, die WM zu ergattern. Wir Fußball-Fans sind tief beschämt. Mit Entsetzen habe ich aus der NZZ folgende Geschichte erfahren: Ein Gruppe von 42 australischen Passagieren wollte nach Hause und hatte in Katar das Flugzeug gewechselt und wartete fast drei Stunden auf den Abflug. Dann kam eine Durchsage: Alle Frauen sollten das Flugzeug verlassen; sie wurden zu zwei Ambulanzen geführt und erhielten die Anweisung, sich wegen einer gynäkologischen Untersuchung auszuziehen; wenn sie sich weigerten, würden sie nicht mehr zurück ins Flugzeug gelangen. Der Grund: In einem Waschraum des Flughafens war ein zu früh geborenes Baby entdeckt worden und die Behörden suchten die Mutter, die sie irgendwo auf dem Flughafen vermuteten. Katar praktiziert eine strenge Form des Islam. Danach werden Frauen, die unverheiratet Kinder bekommen, schwer bestraft. Als die untersuchten Frauen in ihr Flugzeug zurückkehrten, waren sie natürlich völlig aufgelöst, sie zitterten und weinten; sie waren traumatisiert. Die australische Außenministerin sagte im Fernsehen, die Polizei untersuche diesen „extrem beunruhigenden und abstossenden Vorfall.“

= Die Corona-Pandemie hat die Pläne der EU zur Modernisierung der europäischen Wirtschaft nur aufgeschoben aber nicht aufgehoben. Ursula von der Leyen schreibt dazu in der FAZ:

„Ich wünsche mir das neue Europäische Bauhaus als kreative und interdisziplinäre Bewegung. In den kommenden zwei Jahren sollen zunächst fünf Europäische Bauhaus-Projekte in verschiedenen Ländern der Union entstehen. Alle sind dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet, setzen aber unterschiedliche Schwerpunkte. Diese reichen von naturnahen Baustoffen und Energieeffizienz über Kunst und Kultur, Demographie, zukunftweisende Mobilität bis zu ressourcenschonender digitaler Innovation. Sie sollen ein kreatives Experimentallabor und Andockstelle für europäische Industrien sein und Ausgangspunkt für ein europa- und weltweites Netzwerk, das die wirtschaftliche, ökologische und soziale Bedeutung über das individuelle Bauhaus hinaus erweitert.

Wenn wir es schaffen, Nachhaltigkeit mit gutem Design zu verbinden, dann wird das dem European Green Deal Schub und Strahlkraft verleihen über europäische Grenzen hinaus. Es soll den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs über neue Bauweisen und Designformen anregen. Das Europäische Bauhaus sucht und gibt praktische Antworten auf die gesellschaftliche Frage, wie modernes Leben der Europäer im Einklang mit der Natur aussehen kann. Und es wird helfen, das 21. Jahrhundert schöner und humaner zu machen.“